Zorge. Eine Familie baut im Harz über 50 Jahre eine Oase für Urlauber und Geschäftsreisende auf. Die Geschichte vom Landhotel Kunzental.

Ein Maschinenschlosser und eine Näherin eröffnen nicht nur ihr eigenes Hotel im Südharz - sie bauen es im wahrsten Sinne auch noch selbst - und schaffen es, mit wenig Kapital die größten Krisen zu meistern, um nunmehr das 50-jährige Bestehen des Hauses feiern zu können. Exakt das ist die Erfolgsgeschichte vom mit 3 Sternen versehenen Landhotel Kunzental in Zorge. Seniorchefin Gudrun Pfeffer-Westkamp und ihre Tochter Kathrin Hundt-Pfeffer blicken im Gespräch mit dem Harz Kurier zurück auf fünf bewegte Jahrzehnte Firmen- und Familiengeschichte im Südharz und wagen auch einen Blick in die Zukunft.

Eröffnung des Hotels im Südharz erfolgt, während es noch im Bau ist

Fest steht: Der Start des Hauses in Zorge fand unter schwierigen Bedingungen statt, für die Betreiber aber auch die ersten Hausgäste. „Wir haben das Hotel eröffnet und es war nur eine Etage fertig gebaut, in unserem eigenen Schlafzimmer lag der Sand für den weiteren Bau“, erinnert sich Gudrun Pfeffer. Doch die Eröffnung musste stattfinden, das Ehepaar musste Geld einnehmen, da der Bau deutlich teurer geworden war, als man geplant hatte. „Allein der Unterbau für das eigentliche Gebäude hat umgerechnet 150.000 Euro damals verschlungen, der Boden war sehr weich“, beschreibt die Seniorchefin die Lage. Die Bauzeichnungen für das Hotel hatte allesamt Gudrun Pfeffer-Westkamps Ehemann, Klaus Pfeffer, eigenhändig erstellt, wie später auch beim Bau mitgeholfen. All das passierte neben seiner eigentlichen Arbeit als Maschinenschlosser.

Eigene Postkarten mit der Ansicht des Hotels verkauft das Team vom Landhotel Kunzental. 
Eigene Postkarten mit der Ansicht des Hotels verkauft das Team vom Landhotel Kunzental.  © Unternehmen | Landhotel Kunzental

Wie aber kam es überhaupt dazu, dass ein - auch damals schon überschaubarer Ort wie Zorge - ein Hotel erhält? „Es war die Idee meiner Schwiegereltern, die bei Urlauben in Bad Pyrmont auf die Idee für ein Sporthotel kamen und meinen Mann damit ansteckten“, sagt Gudrun Pfeffer. Sie selbst führte zu der damaligen Zeit bereits eine kleine Pension auf dem Uhdenberg, an die Eröffnung eines Hotels hatte die Zorgerin aber noch nicht gedacht. „Streng genommen waren die Pläne für den Ort eine Nummer zu groß, wir haben es aber dennoch durchgezogen.“ Und das, wie sie betont, ohne Unterstützung in Form von Fördergeldern oder ähnlichem seitens des Staates.

„Streng genommen waren die Pläne für den Ort eine Nummer zu groß, wir haben es aber dennoch durchgezogen“

Gudrun Pfeffer,

Hilfe gab es in anderer Form - allen voran durch die Firma Schmidt, Kranz & Co in Zorge. Sowohl ihr Ehemann Klaus Pfeffer, als auch ihr Schwiegervater, waren in dem Unternehmen beschäftigt. Bis zum heutigen Tag gibt es zwischen dem Hotel und der Firma eine tiefe Verbindung, die insbesondere dafür sorgte, dass man in den schwachen Wintermonaten ausreichend Auslastung hatte und weiterhin hat. Ohnehin entwickelte sich das Landhotel Kunzental zu einer Adresse für Geschäftsreisende. Ob Handelsvertreter, Monteure, oder aber Mitarbeiter von den Industriefirmen in der Umgebung - sie alle wohnten in Zorge. „Mancher fand hier fast so etwas wie ein zweites Zuhause“, sagt Gudrun Pfeffer-Westkamp. „Mancher Monteur blieb ein ganzes Jahr bei uns. Und mancher, der heute schon gar nicht mehr arbeitet, kommt vorbei, um vor allem nach meiner Mutter zu sehen“, fügt Kathrin Hundt-Pfeffer hinzu.

Team des Hotels in Zorge pflegt seit jeher ein familiäres Miteinander

Beinahe familiäre Bindungen sind es ohnehin, die das Haus ausmacht. Nicht nur bei den Gästen, sondern auch bei der Belegschaft. Viele der Angestellten des Landhotels arbeiteten in der Vergangenheit dort bis zum Eintritt in die Rente. „Wir legen viel Wert auf ein gutes Verhältnis zu unserem Team“, betonen die beiden Hotelbetreiberinnen unisono. Da verwundert es wenig, dass die Angestellten nicht nur gern und lange im Haus arbeiten, sondern selbst für die Kinder bzw. Enkelkinder die Angestellten im Laufe der Jahre zu „Onkel und Tante“ wurden.

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Wie weit die Freundschaft aber auch mit den zahlreichen Stammgästen gehen kann, zeigte sich erst Ende vergangenen Jahres. Kurzfristig war ein Alleinunterhalter ausgefallen. Ein Gast hörte, wie die Verantwortlichen darüber sprachen und erklärte, dass er eigentlich in seiner Heimat oftmals bei Tanztees und anderen Veranstaltungen Musik macht - und bot an, dies nun auch spontan in Zorge zu machen. „Ich helfe Euch gern, sagte er zu uns. Eigentlich wollten wir das nicht, war er doch bei uns im Urlaub. Aber es kam so und hat allen viel Freude bereitet“, beschreibt Kathrin Hundt-Pfeffer.

Restaurant ist das Herzstück des Hotels in Zorge

Was aber macht ein gutes Hotel aus? Wie schafft man es in einer schwierigen Region wie Zorge fünf Jahrzehnte ein Haus am Leben zu halten? Auch hier sind sich Mutter und Tochter einig in der Bewertung - es geht vor allem um gutes Essen. „Das ist Balsam für Seele“, meinen beide. Denn nach einem Ausflug, einer Wanderung, erholten sich die Gäste gern auf der Sonnenterrasse oder aber im Restaurant bei einem guten Essen. Mit einer Durchschnittsbewertung von 4,4 von 5 Sternen bei Google lässt sich dies auch nachweisen im Südharz.

Blick auf das Landhotel Kunzental im Winter. 
Blick auf das Landhotel Kunzental im Winter.  © Unternehmen | Landhotel Kunzental

Natürlich müsse aber auch das Haus selbst immer wieder renoviert und saniert werden, wobei hier wieder die Familie im Fokus steht. Allerdings nicht mehr mit Gudrun Pfeffer-Westkamp allein in aller vorderster Linie, gemeinsam mit ihrer Tochter betreibt sie das Geschäft als OHG. Er ist es, der vor allem die Wintermonate nutzt, um im Rahmen der Möglichkeiten das Landhotel immer wieder upzugraden. Und das kann manchmal schneller gehen, als erwartet. „Wir hatten überlegt, dass wir unsere Theke gern umgestalten möchten. Mein Mann kam auf die Idee, dafür Holzpaneelen zu nehmen und gleich am nächsten Tag ging es los.“ Es brauche in einem solchen Unternehmen die Hilfe der gesamten Familie - und man müsse auch Alleskönner sein.

15-Stunden-Arbeitstage prägen das Leben im Südharz

Im Südharz weiß das niemand besser, als Gudrun Pfeffer. 15-Stunden-Arbeitstage waren über Jahrzehnte normal für sie. „Meine Mutter hatte im Heizungskeller eine Liege, damit sie einmal kurz schlafen konnte, wenn sie die Wäsche gemacht hatte“, verdeutlicht Kathrin Hundt-Pfeffer. „Es war nicht immer schön und einfach“, bestätigt die Seniorchefin. Doch ebenso habe sie einen der schönsten Berufe, die man sich vorstellen könnte. „Ich habe so viele Menschen kennenlernen dürfen, so viel erfahren. Ich weiß über so viele Orte und Gegenden Bescheid, allein durch die Gespräche, obwohl ich selbst dort noch nie war“, sagt Gudrun Pfeffer.

Bleibt die abschließende Frage, was die Zukunft für das Landhotel Kunzental bringt. „Die Zeiten werden nicht einfacher“, darin sind sich Mutter und Tochter sicher. Aber mit dem Zusammenhalt der Familie und den Bindungen zu den Gästen will man weiterhin alles daran setzen, dass ein kleiner Ort wie Zorge weiterhin über ein besonderes Hotel verfügt.

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