Über ein besonderes Buch und „unser Schöppenstedt“.

Vor 226 Jahren erschien im Verlag Gutsch in Breslau ein kurioser 288-seitiger Roman, der die große Französische Revolution (1789-1799) ins kleine Schöppenstedt holt. Der Roman erschien anonym unter dem Titel „Die Revolution in Scheppenstedt. Eine Volksschrift. Germanien 1794.“ Verfasser war Johann Gottlieb Schummel (1748–1813), ein in seiner Zeit sehr bekannter Pädagoge und Schriftsteller.

Sein satirischer Roman „Spitzbart“ wurde vom Fernsehen der DDR unter dem Titel „Schulmeister Spitzbart“ verfilmt. Die Erstausgabe der „Revolution“ von 1794 kann in der HAB eingesehen werden. Im Internet ist der Text digital zugänglich über die Bibliothek der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, Halle. In Bremen erschien 1986 eine Neuausgabe des Buches, herausgegeben und mit einem Nachwort und Erläuterungen versehen von Harro Zimmermann. Diese Ausgabe ist in der HAB ausleihbar.

Das Buch wird im Klappentext so angekündigt: „Eine deutsche Revolution im Jahre 1793? Wo sollte die sich zugetragen haben? Nun, in Scheppenstedt, einer fiktiven deutschen Provinzstadt. Dort proben die Narren den Aufstand. Sie rufen der Freiheit und Gleichheit ein brausendes ‚Vivat‘, bringen dann aber nichts weiter zustande als Anarchie und ‚Schelmentoleranz‘.“

Ebenso kurz wie präzise wird damit der Inhalt des Buches zusammengefasst – alles ist richtig, bis auf das Wort „fiktiv“. Fiktiv ist Scheppenstedt mitnichten, es ist eindeutig „unser“ Schöppenstedt. Daran lässt der Autor Schummel schon in seiner etwas verklausulierten Vorrede keinen Zweifel. In ihr entschuldigt er sich bei den Einwohnern des Städtchens: „Seine [des Verfassers] Absicht ist hiebey von allen Seiten so unbeleidigend, daß er selbst die Einwohner von ‚Scheppenstedt‘ um Verzeihung bittet, daß er den Schauplatz seiner Geschichte in ihre Stadt verlegt hat. Er hat keineswegs das, im wirklichen Herzogthume Braunschweig liegende Städtchen gleichen Namens, sondern blos das ‚Scheppenstedt‘ in Gedanken, was einige lustige Köpfe, so wie ‚Volkwitz‘ in Schlesien oder ‚Hirschau‘ in Bayern, zu einem deutschen Abdera [griechische Narrenstadt] ausgeschmückt haben […]

Was den hier eingeflochtenen Namen des Herzogs von Braunschweig anbetrift, so wird hoffentlich kein Leser so stumpfsinnig seyn , um nicht mitten im Scherz die ernsthafteste Verehrung des Verfassers gegen diesen Edlen unter den deutschen Fürsten hervorschimmern zu sehen.“

Fortsetzung folgt.

Georg Ruppelt erzählt jede Woche Geschichte und Geschichten aus Stadt und Kreis. Ruppelt war stellvertretender Direktor der Herzog-August-Bibliothek und Direktor der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Bibliothek.