Wolfsburg. Im Umweltausschuss gibt‘s zum Lärmaktionsplan den Antrag, nachts auf Straßen in der City Tempo 30 einzuführen. Das sind die Details.

Genau genommen ist der neue Wolfsburger Lärmaktionsplan, den die Stadtverwaltung frisch aufgestellt hat, ein zahnloser Tiger. Denn anders, als der Name vermuten lässt, leiten sich von dem Plan keine konkreten Lärmschutzmaßnahmen ab; er verpflichtet die Stadt erst einmal zu: nichts. Weil der Bericht aber aufzeigt, an welchen Strecken die Menschen mit besonders starkem Verkehrslärm belastet sind, gibt es dazu die Forderung, für Innenstadt-Straßen nachts Tempo 30 zu prüfen.

Der Umweltausschuss war am Mittwoch das erste politische Gremium, das sich mit dem Lärmaktionsplan befasste, der unter Beteiligung der Bürger erarbeitet wurde. Für Unmut sorgte, dass die Beschlussvorlage, über die der Rat am 5. Juni entscheiden soll, den Politikern noch gar nicht zur Verfügung stand, als zwei Fraktionen den Antrag vorbereiteten, wegen der Lärmbelastung für einige Straßen in der City Tempo 30 für die Nachtstunden zu prüfen. Sie sei erst am vorigen Freitag veröffentlicht worden, kritisierte SPD-Ratsfraktionsvorsitzender Hans-Georg Bachmann.

Die Schillerstraße gehört zu den weiteren Innenstadt-Strecken, für die SPD und Grüne Tempo 30 in den Nachtstunden geprüft haben wollen.
Die Schillerstraße gehört zu den weiteren Innenstadt-Strecken, für die SPD und Grüne Tempo 30 in den Nachtstunden geprüft haben wollen. © regios24 | Michael Uhmeyer

Nachts soll auf diversen Wolfsburger Innenstadt-Straßen Tempo 30 gelten

Jedenfalls beantragten die SPD-Fraktion sowie die fünf Mitglieder der Grünen-Ratsfraktion, dass die Verwaltung im Zusammenhang mit der Erstellung des Lärmplans die Einführung von Tempo 30 in den Nachtstunden von 22 bis 6 Uhr prüft, und zwar für die Siemensstraße und den Innenstadtring mit Friedrich-Ebert-Straße, Rothenfelder Straße, Kleiststraße, Schillerstraße, Pestalozziallee, Heinrich-Heine-Straße und Lessingstraße.

„Im Zuge des EU-weit vorgeschriebenen Lärmaktionsplans ist es besonders wichtig, die Lärmbelastung in den Nachtstunden für die Bevölkerung zu reduzieren. Die Lärmschwellen von 55 Dezibel nachts sollten in Gebieten mit Wohnbebauung auf keinen Fall überschritten werden“, heißt es in der Begründung des Antrags. „Die einzige kurzfristig wirksame Maßnahme zur Lärmminderung ist eine Temporeduzierung.“ So sinke der Schallpegel bei Tempo 30 statt Tempo 50 um 2,7 Dezibel, wobei 3 Dezibel eine Halbierung des Lärms bedeuteten. Dazu kämen im Stadtgebiet weitere Vorteile für Luftreinhaltung und Verkehrssicherheit. 

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Kritik am neuen Lärmaktionsplan für Wolfsburg

Bachmann ging davon aus, dass in den genannten Straßen viele Menschen betroffen seien. Sein Fraktionskollege Marcus Musiol ergänzte: „Ich bin Anwohner der Schillerstraße. Ich bekomme das tagtäglich mit.“ Zuvor hatte der SPD-Fraktionschef die Wirksamkeit des Lärmaktionsplans kritisch hinterfragt. „Was für eine Verbindlichkeit hat das, ab wann muss man Maßnahmen generieren, und was haben Sie mit dem ganzen Ding vor?“ Der Plan habe „keinerlei rechtliche Bindung“.

Umweltdezernent Andreas Bauer wies darauf hin, dass die Stadt zur Aufstellung des Lärmplans verpflichtet ist. „Aber es gibt keinen Rechtsanspruch auf irgendwelche Maßnahmen.“ Und das Land werde nichts einfordern. Dennoch sei man gut beraten, etwas daraus zu machen, denn es seit ja konkret etwas daraus ableitbar. „Das ist nicht nur ein Papiertiger.“ Man könne schauen, wie man mit der Lärmminderung an Lärmschwerpunkten umgehen wolle. Denkbar seien zum Beispiel geräuscharmer Asphalt oder Temporeduzierungen.

„Die einzige kurzfristig wirksame Maßnahme zur Lärmminderung ist eine Temporeduzierung.“

interfraktioneller Antrag zum Lärmaktionsplan

Für Wolfsburger Lärmplan droht der Fristablauf

Peter Kassel von der CDU wollte wissen, ob es in Bezug auf die Anwohner nahe der Autobahn 39 auf Basis des Lärmplans die Chance gebe, dass das Land Niedersachsen die Stadt Wolfsburg beim Lärmschutz in Zukunft stärker unterstütze. „In der Argumentation unterstützt uns der Lärmaktionsplan, dass es ein reales Problem gibt“, sagte Bauer dazu. Doch ob man damit mehr Druck gegenüber Land und Bund aufbauen könnte, bezweifelte er.

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Weil die Stadt den Plan so kurzfristig vorgelegt hatte und wegen des Prüfauftrags für Tempo 30 wollte die SPD eine erste Lesung für die Vorlage. Doch der Umweltdezernent betonte: „Wir müssen den Lärmaktionsplan in Kürze vorlegen, es gibt Fristen.“ Man sei beim Bund in der Pflicht. Auf Nachfrage, warum der Plan dann erst so spät vorgelegt worden sei, räumte Bauer ein, dass in der Verwaltung eine weitere Abstimmungsrunde nötig gewesen sei. Er schlug vor, den Antrag abzukoppeln und dessen Prüfung mit einem Gutachten zu unterlegen. „Wir sollten uns gegenüber dem Land nicht die Blöße geben, irgendwelche Fristen zu reißen.“

Schließlich verständigte sich der Umweltausschuss, dass die Lärmaktionsplan-Vorlage als behandelt weitergereicht wird und gegebenenfalls im Verwaltungsausschuss darüber abgestimmt wird. Allerdings konnte es sich Ausschussvorsitzender Marco Meiners von der FDP nicht verkneifen, beim Dezernenten anzumahnen, dass Vorlagen künftig wie vereinbart rechtzeitig zur zweimaligen Vorberatung in den Fraktionen bereitstehen. „Verweise auf andere Kommunen helfen uns nicht. Wir haben einen Standard, und wir sollten da auch wieder hinkommen.“

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