Wolfsburg. Das Unternehmen habe ihr Vertrauen enttäuscht, sagen die Betroffenen. VW hat umgehend darauf reagiert.

Es gärt bei Volkswagen. Die jüngsten Sparbeschlüsse des Unternehmens bleiben nicht ohne Gegenreaktion. Manager klagen gegen die Kürzung von Tarifzusagen und den Entzug von Porsche-Dienstwagen. Und auch die Absolventen der Fakultät 73 wollen nicht klaglos auf ihre alten Arbeitsplätze zurückkehren oder leer ausgehen. Kurz vor Beginn der Werksferien ist die Stimmung schlecht am Mittellandkanal. Immerhin reagierte das Unternehmen umgehend auf die Proteste.

Am Dienstag machten externe und interne Absolventen der VW.-Software-Schmiede Fakultät 73 ihrem Unmut vor dem Congress-Park Luft. Dort fand die Jugend- und Auszubildendenversammlung (JAV) von VW statt. Das Unternehmen hatte kürzlich entschieden, das interne Qualifizierungsprojekt zu beenden. Die internen Absolventen, die eigentlich als qualifizierte Junior-Softwareentwickler in die Fachbereiche wechseln sollten, waren bis zum Dienstag davon ausgegangen, dass sie an ihre alten Arbeitsplätze zurückkehren müssen. Nun teilte VW mit, dass die internen Absolventen der 4. und 5. Generation alle im indirekten Bereich übernommen werden - entweder bei Volkswagen oder bei Cariad.

Den externen Absolventen wurde mitgeteilt, dass sie nicht übernommen werden. Gemeinsam überreichten sie vor dem Congress-Park einen Brief an Konzernchef Oliver Blume. Ein Rederecht auf der Versammlung sei ihnen nicht eingeräumt worden, erfuhr unsere Zeitung. Dennoch gibt es auch in diesem Fall eine positive Bewegung.

Absolventen bestreiten, dass der Bedarf bereits gedeckt ist

In dem Brief an Blume, der unserer Redaktion vorliegt, äußern die Betroffenen ihren Unmut über das Ende des „Prestigeprojektes Fakultät 73“, das ursprünglich 2000 Absolventen intern für die Bereiche Softwareentwicklung und IT-Digitalisierung qualifizieren sollte. Dass der Bedarf bereits jetzt gedeckt sei, bestreiten die Absolventen. Es seien bislang nur 300 Absolventen in den Fachbereichen untergekommen. Und von dort hätten sie gehört, dass das keinesfalls reiche, um die Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hätten „im Vertrauen auf Volkswagen fast zwei Jahre eine auf die Fachbereiche maßgeschneiderte Qualifizierung durchlaufen“. Dabei hätten sie erhebliche persönliche Nachteile – wie die Aufgabe von tarifgesicherten Arbeitsstellen oder das Abbrechen eines Studiums - in Kauf genommen, um „als frische IT-Spezialisten für das Unternehmen gewinnbringend eingesetzt zu werden“.

„Der Sparzwang sollte keinem Selbstzweck dienen“

Im Zusammenhang mit der Entscheidung, Uni-Absolventen zunächst für bis zu zwei Jahre an die Produktionsbänder zu stellen, sei insgesamt ein Imageschaden für das Unternehmen entstanden, heißt es in dem Brief. „Auch Vertrauen, Motivation und Kompetenz innerhalb von Volkswagen sind dadurch bedroht: Die Fachbereiche erwarten uns als hochspezialisierte Mitarbeiter und möchten uns alle übernehmen. Der Sparzwang des Performanceprogramms ist für uns verständlich, jedoch sollte er keinem Selbstzweck dienen, sondern einem übergeordneten Sinn: Volkswagen für die Zukunft fit zu machen – und das geht nicht ohne uns. Daher bitten wir um eine verbindliche Übernahme in den Volkswagen-Konzern oder einer Konzerntochter. Unser Wunsch ist es, weiterhin ein Teil des Teams bleiben zu dürfen, um Volkswagen mit Ihnen in eine starke Zukunft zu manövrieren und uns dafür mit Leistung für die Möglichkeit dieser großartigen Qualifizierung zu bedanken“, heißt es in dem Schreiben an Blume.

Dafür sind die Chancen nun aktuell gestiegen. Die Volkswagen AG bietet den Absolventen weiterhin die Möglichkeit, den Qualifizierungsweg zum Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung (IHK) erfolgreich zu beenden. Das gelte für den Praxiseinsatz sowie für die Abschlussprüfung. Es gebe auch die Möglichkeit bei anerkanntem Berufsabschluss zusätzlich diesen Qualifizierungsweg zu gehen.

Das Recruiting von Volkswagen werde ab sofort nach erfolgreichem Abschluss des Programms bei der Suche nach Beschäftigungsalternativen als Junior-Softwareentwickler innerhalb der Volkswagen Group unterstützen. Das Unternehmen werde aktiv auf die Tochtergesellschaften zugehen, um die Bewerbung zu unterstützen. Das Angebot sei freiwillig.

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Der Betriebsrat begrüßte die Initiative der Beschäftigten mit diesem Statement: „Der Offene Brief aus den Reihen der Fakultät73 legt den Finger in die Wunde. Wir können die Argumente aus dem Schreiben und die damit verbundenen Hoffnungen gut nachvollziehen. Das Unternehmen hat die Betroffenen intern bereits zur aktuellen Lage informiert. Es täte gut daran, sich nun aber auch öffentlich stärker zu dem Vorgang zu erklären. Beim Aufbau der Fakultät hatte das schließlich auch regelmäßig dazugehört.“

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