Bad Häring. Eintracht Braunschweig schafft Planungssicherheit. Der Sportdirektor erhält mehr Verantwortung und agiert auf einer Stufe mit Benz.

Benjamin Kessel ist dieser Tage selten ohne sein Smartphone zu sehen. Der bisherige Sportdirektor von Fußball-Zweitligist Eintracht Braunschweig arbeitet auch aus dem Trainingslager im österreichischen Bad Häring akribisch am Umbruch im Kader.

Nun hat der Klub ihm mehr Verantwortung gegeben. Der Ex-Profi steigt zum Geschäftsführer Sport auf. Zuletzt hatte der im vergangenen Herbst freigestellte Peter Vollmann diesen Posten inne. Kessel wurde vom Aufsichtsrat der ausgegliederten Profifußball-Gesellschaft für drei Jahre bis zum 30. Juni 2027 ins Amt berufen. Damit agiert der 36-Jährige künftig auf einer Ebene mit Wolfram Benz, dem kaufmännischen Geschäftsführer, der auch als Sprecher der Geschäftsführung fungiert.

Kessel absolvierte in seiner Karriere als Profi 173 Spiele für Eintracht Braunschweig, spielte außerdem für Wormatia Worms, Mainz 05, Kaiserslautern, Union Berlin und Saarbrücken. Nach dem Ende der Karriere wechselte er zunächst ins Nachwuchsleistungszentrum der Eintracht, war Co-Trainer der U19 unter Marc Pfitzner und im administrativen Bereich tätig. Er absolvierte ein Studium und wurde im Mai 2023 zum Sportdirektor berufen. Zwei Jahre war er außerdem Vizepräsident Fußball des Gesamtvereins.

Kessels rasanter Aufstieg bei Eintracht Braunschweig

Im Sommer 2021 endete Kessels sportliche Laufbahn nach der Berufung Michael Schieles zum Cheftrainer. Nur knapp drei Jahre später ist er an der Eintracht-Spitze angekommen. Ein rasanter Aufstieg. „Ich möchte mich für das mir entgegengebrachte Vertrauen bei den Mitgliedern des Aufsichtsrates bedanken. Wir haben in den vergangenen Monaten im Bereich unserer sportlichen Ausrichtung unausweichliche Veränderungsprozesse angestoßen und erste sichtbare Erfolge sind klar zu erkennen. Diesen gemeinsamen Weg gilt es, konsequent fortzusetzen, um die Eintracht nicht nur kurzfristig, vor allem aber mittel- und langfristig wirtschaftlich und sportlich erfolgreich zu machen“, sagt Kessel zu seiner Beförderung.

Ein neuer Sportdirektor soll dem Vernehmen nach erst einmal nicht kommen. Unter Kessels Führung arbeitet derzeit ein Team um Kaderplaner Dennis Kruppke und Chefscout Philipp Schmidt. An vielen Stellen weht im Klubs ein frischer Wind – sportlich, organisatorisch, medial und was die Nahbarkeit betrifft.

Vieles wirkt langfristiger ausgelegt als in der Ära Vollmann, in der die Braunschweiger ein kraftraubendes Hin und Her zwischen dritter und zweiter Liga überstehen mussten. Die Schäden, die der vergangene Sommer hinterlassen hat, wiegen immer noch schwer.

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Weiterhin stehen mit Michael Schiele und Jens Härtel zwei geschasste Trainer auf der Gehaltsliste. Auch Vollmann selbst ist noch bis Jahresende unter Vertrag. Diese Fehlentscheidungen nehmen dem Klub Handlungsspielraum. Kessel war auch schon im Amt des Sportdirektors, als die Entscheidungen von anderen getroffen wurden.

Eintracht Braunschweig räumt immer noch auf

Er überstand diese Phase schadlos und ging aus der Krise als ein Gewinner hervor. Die Verpflichtungen von Ermin Bicakcic und Trainer Daniel Scherning können ihm zugeschrieben werden. Im Winter trug seine Arbeit am Zweitliga-Kader erste Früchte, wenn auch nicht alle Transfers aufgingen. Der hoch gehandelte Hampus Finndell erwies sich als Flop, Anderson Lucoqui und Niklas Tauer spielten Nebenrollen.

Aufgrund der zahlreichen auslaufenden Verträge hat der neue Sport-Geschäftsführer in diesem Sommer zwar ein großes Pensum an Kaderbewegungen zu bewältigen, besitzt aber auch die große Chance, der Mannschaft seine Handschrift zu verpassen. Die ist durchaus schon erkennbar. Kessel und sein Team stellen einen Kader mit erkennbarer Struktur auf die Beine. Zum einen sind da erfahrene Stammkräfte wie Ermin Bicakcic, Fabio Kaufmann oder Robin Krauße. Sie sollen Führungsstärke mitbringen und das Skelett des Teams bilden.

Klare Struktur in Eintracht Braunschweigs Kader

Dabei aber lässt die Eintracht sich Handlungsspielraum. Die Vertragsverlängerungen der drei Genannten beinhalten Optionen und sind leistungsbezogener. Hinzu kommen Kräfte wie Sven Köhler, Kevin Ehlers, Leon Bell Bell oder Levente Szabó, die sich im Profibreich bereits bewiesen, ihr Potenzial aber noch nicht bis zum Ende ausgeschöpft haben. Ergänzt wird das Transferkonstrukt durch aufstrebende Jungprofis wie Sidney Raebiger, Max Marie, Fabio Di Michele Sánchez oder Sanoussy Ba. Sie alle bringen Perspektive mit.

Die Kehrseite der Medaille ist: Kessel wird sich mehr denn je an den Ergebnissen in der dritten Zweitliga-Saison in Folge messen lassen müssen. Um so erfolgreich wie möglich abzuschneiden, wird er weiterhin viele weitere Stunden am Smartphone verbringen – nicht nur im Trainingslager.

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