Braunschweig. Nicholas und Brandon Tischler sind in Braunschweig zu Identifikationsfiguren gereift. Ein Aspekt schmerzt die Löwen beim Abgang besonders.

Im Sport tut wahrlich nicht jeder Abschied weh. Manchmal passt es einfach nicht zwischen dem Team und dem Trainer oder zwischen dem Klub und einem Spieler. Manchmal ist die Stimmung mies. Manchmal stimmt die Leistung nicht. Auf den Abschied, den die Basketball Löwen Braunschweig am Donnerstag verkündet haben, trifft keine dieser Varianten zu. Nicholas und Brandon Tischler werden den Basketball-Bundesligisten nach drei Jahren verlassen – nachdem sie zu einem Aushängeschild des Klubs gereift waren.

Das sagt Nils Mittmann über Brandon und Nico Tischler

In diesem Fall „schmerzt es natürlich“, sagt Nils Mittmann, „die Tischlers waren identitätsstiftende Spieler für uns.“ Was der Löwen-Geschäftsführer damit meint? Zum einen die Bindung zu den Fans und die Repräsentation der Organisation nach außen. Zum anderen aber auch ihre Athletik, ihre Geschwindigkeit, ihre Vorliebe für aggressive Defense und ihre Mentalität. All das sind Attribute, die präzise beschreiben, was die Löwen verkörpern wollen. „Es war egal, ob wir gewonnen oder verloren haben. Die beiden waren danach in der Halle und haben geschuftet. Diese Arbeitsmoral hat uns enorm gutgetan. Auch das ist ein Zeichen für Führungsqualität“, sagt Mittmann.

Als die Zwillinge vor drei Jahren nach Braunschweig kamen, hatten sie eine schwierige Zeit hinter sich. In der Corona-Saison 2020/21 waren sie vertragslos, haben sich durch Individualtraining fit gehalten. Unter anderem bei Dirk Nowitzkis Förderer Holger Geschwindner. In Braunschweig tauchten sie sofort ein in die BBL. In der gerade abgelaufenen Saison waren sie zu Leistungsträgern gereift. Beide kamen mehr als 20 Minuten pro Partie zum Einsatz und erzielten im Durchschnitt mehr als acht Punkte. Und beide haben sich ins Blickfeld der Nationalmannschaft gespielt.

Basketball Löwen Braunschweig müssen international spielen

Nun folgt der nächste Schritt. Einer, den Spielern wie den Tischlers der Standort Braunschweig nicht zu bieten imstande ist. Noch nicht jedenfalls. Die Flügelspieler werden innerhalb der Bundesliga wechseln. Das genaue Ziel ist noch nicht offiziell. Klar ist aber: Die neuen Arbeitgeber werden im internationalen Geschäft vertreten sein. „Das zeigt auch ganz klar, was der nächste Schritt für uns sein muss“, sagt Mittmann.

Eine Perspektive in Europa müssen die Löwen bieten, um Spieler wie die Tischlers auch länger an sich zu binden. Gleiches gilt für Jilson Bango. Der Big Man verlässt Braunschweig in Richtung Zaragoza. Mittmann: „Das ist unsere aktuelle Realität. Wir können als Organisation nicht so schnell wachsen, wie die Spieler sich entwickeln“, erklärt der Löwen-Chef.

Tischler-Zwillinge trennen sich

Knapp haben die Braunschweiger die Chance aufs internationale Geschäft in der abgelaufenen Saison verpasst. Wären die Tischlers geblieben, sofern die Qualifikation geglückt wäre? „Es hätte die Chancen erhöht“, sagt Mittmann. Allerdings hätte selbst dann wohl nur die Weiterverpflichtung eines Zwillings zur Debatte gestanden. Zum einen, „weil sie nun in Gehaltsgefilde vordringen, die höher sind“, erklärt Mittmann. Zum anderen sehen sich die 23-Jährigen nicht nur – logischerweise – sehr ähnlich. Ihre Spielweisen kommen sich auch sehr nah.

Bei ihren neuen Stationen wagen die Tischlers übrigens einen weiteren Schritt aus der Komfortzone. Ihre neuen Teams werden nämlich nicht in derselben Stadt liegen. „Vielleicht ist für die beiden nun die Zeit gekommen, sich zu trennen“, sagt Mittmann. Bislang schlugen sie stets im Doppelpack auf.

Löwen wollen mehr Ablösen generieren

Mit Bango und den Zwillingen haben die Braunschweiger drei Spieler verloren, die sie von Talenten zu BBL-Leistungsträgern geformt haben – schon wieder. „Das, was uns besonders schmerzt, ist, dass wir die Spieler ausgebildet haben, und sie uns jetzt ohne Gegenwert verlassen“, sagt Mittmann zum Abschied der Zwillinge. Der Vertrag der Tischlers war ausgelaufen. Bei Bango waren die Löwen in dieser Hinsicht schon weiter in ihrem persönlichen Plan. Für den Wechsel des Angolaners haben sie eine Ablösesumme erhalten.

Das soll in Zukunft öfter passieren. Um die eigenen Strukturen zu stärken. Und um dafür auch finanziell belohnt zu werden, jungen Spielern eine große Bühne zu bieten. Dass auch die Tischlers nun das nächste Level erklimmen, bedeutet neben dem Schmerz auch eine Auszeichnung für den Standort Braunschweig.

Wer wird der nächste Tischler?

Doch von Lob allein lässt sich der Klub nicht weiterentwickeln. Aber vielleicht schlummert der nächste Bango oder Tischler ja auch bereits im bestehenden Aufgebot. „Wir haben immer noch viel Potenzial im Kader, das noch nicht ausgeschöpft ist“, sagt Mittmann. Eine Aussage, die an die Adresse von Spielern wie Gian Aydinoglu, Ferdinand Zylka oder Sananda Fru geht.

Die Suche nach neuem Spielermaterial mit aussichtsreicher Zukunft läuft trotzdem. Für Mittmann ein dauernder Prozess. Im Sommer wird er dafür auch wieder in die USA reisen, um bei der NBA-Summer-League und den zahlreichen Camps im Windschatten der Großveranstaltung Spieler zu sichten. Was frische, junge Talente angeht, gilt allerdings: „Wir verpflichten stets Spieler, die nicht das Renommee haben, wie die Spieler, die uns verlassen“, sagt der Löwen-Geschäftsführer. Und dann ist noch nicht gegeben, dass die Entwicklung optimal läuft – so wie es bei den Tischlers der Fall war.