Wolfsburg. In der Archivalie des Monats des Wolfsburger Instituts für Zeitgeschichte und Stadtpräsentation geht es um die Teilung Deutschlands.

Blau dominiert das schlicht gestaltete Werbeplakat. In der Mitte zieht sich sowohl von oben, stärker aber noch von unten ein Riss durch das Blau, das nur mehr am unteren Ende des oberen Drittels miteinander verbunden ist. Just auf dieser Höhe ist die Kernbotschaft des Plakats in Majuskeln platziert: „Wir gehören zusammen.“ Umgeben ist sie von einem Ring, dem Symbol für die Unendlichkeit, Beständigkeit, Treue und vor allen Dingen Bindung. Ring, Riss und Schriftfarbe sind einheitlich weiß gesetzt, was die Wirkung des Blaus noch verstärkt.

Als eigentlich kalte Farbe weckt sie als Himmel gedacht Assoziationen wie Ferne und Sehnsucht. Nicht umsonst steht es im Englischen – „to feel blue“ oder im Blues – für Melancholie und Trauer. Und als melancholisch hätte seinerzeit auch der Anlass dieses 1964 durch das Kuratorium Unteilbares Deutschland (KUD) bundesweit verschickten Aufrufs zu einem „Bildnerische[m] Jugendwettbewerb 1964/65“ empfunden werden können.

Er sollte, wie aus den Informationen auf der Rückseite hervorgeht, drei Jahre nach dem Bau der Mauer „die Jugend anregen, sich mit der Teilung und Wiedervereinigung Deutschlands, mit der Unterdrückung und Freiheit in der Welt zu befassen. Vor allem sollten die Möglichkeiten zur Wiedervereinigung des Getrennten und zur Überwindung der Diktatur, das Völkerverbindende und das Unteilbare zum Thema gewählt werden.“

Fünf dieser Plakate sind auch im Stadtarchiv Wolfsburg überliefert –die Archivalie des Monats April, wie das Institut für Zeitgeschichte und Stadtpräsentation mitteilt.

Bei dem Wettbewerb handelte es sich um den zweiten seiner Art, hatte die selbsternannte „Volksbewegung für die Wiedervereinigung“, die sich aus „höchstrangigen Parlamentariern und anderen Persönlichkeiten der westdeutschen politischen Öffentlichkeit zusammensetzte“, darunter Ernst Lemmer und Herbert Richard Wehner, doch noch vor dem Mauerbau einen solchen unter dem Motto „Jugend sieht das unteilbare Deutschland“ veranstaltet. Die Resonanz auf diesen ersten Wettbewerb war mit 80.000 Einsendungen beachtlich und sollte von dem nun ausgeschriebenen noch übertroffen werden.

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1967 erschien eine Auswahl aus den mehr als 100.000 Einsendungen, mit der es dem Kuratorium Unteilbares Deutschland auch daran gelegen war, wie es der Historiker Frank Wolff jüngst gezeigt hat, zu emotionalisieren: „Insgesamt war die Bildsprache düsterer, martialischer und militarisierter“ als in der vorausgegangenen Publikation. Dabei seien „zahlreiche Bilder offensichtlich keinem persönlichen Erfahrungshintergrund der Kinder“ entsprungen, spiegelten diese doch vielmehr „ihre Rezeption des öffentlichen Diskurses“ wider (Kuratorium Unteilbares Deutschland: Wir gehören zusammen. Frankfurt am Main 1967). Ob und wenn ja wie viele Kinder und Jugendliche aus Wolfsburg sich am Wettbewerb beteiligt haben, kann anhand der Publikation nicht beantwortet werden. Aus der Umgebung Wolfsburgs fand jedenfalls allein die mit Deckfarbe und Tusche gearbeitete Malerei des elfjährigen Uwe Welge aus Peine Aufnahme in den Band, die zwei durch einen Grenzstreifen samt Wachturm voneinander getrennte Dörfer vor der Kulisse eines Mittelgebirges zeigt. red