Wolfsburg. Als das Photovoltaik-Förderprogramm freigeschaltet wurde, stürzte der Server ab. Viele Bürger kamen erst nach Stunden durch oder gaben entnervt auf.

Darauf war die Stadt nicht vorbereitet – und will es nun wiedergutmachen: Weil der Server der Verwaltung dem Ansturm aufs erste städtische Solar-Förderprogramm für die Bürger nicht standhielt, will sich die „Smart City“ nun großzügig zeigen. Was genau Umweltdezernent und Kämmerer Andreas Bauer vorschlägt, erfuhr der Umweltausschuss am Dienstag.

Unserer Zeitung sind mehrere Fälle bekannt, in denen Antragsteller direkt nach der Freischaltung des Photovoltaik-Förderprogramms auf der Stadt-Homepage immer wieder vergeblich versuchten, den Antrag auszufüllen und abzuschicken. Mal scheiterten sie schon beim Aufrufen des Formulars, mal beim Ausfüllen, mal beim Absenden. Erst nach rund drei Stunden hatte sich die Lage im Online-Rathaus der digitalen Modellstadt Wolfsburg wieder etwas beruhigt.

Server der Stadt Wolfsburg hat Ansturm nicht verkraftet

Die Folge: „Innerhalb weniger Stunden war der mit 150.000 Euro ausgestattete Fördertopf leer, gab die Stadtverwaltung tags darauf bekannt. Mehrere hundert Anträge seien eingegangen.

Im Umweltausschuss hatte der Zusammenbruch des Stadt-Servers unter dem Andrang der Solar-Interessenten nun ein Nachspiel. Umweltdezernent Bauer räumte ein, dass es am 19. April ab 18 Uhr auf dem Online-Portal so viele Zugriffe auf das Programm gab, „dass der Server das nicht verkraftet hat“. Daher hätten Bürger den Antrag teils zwar ausfüllen, aber nicht absenden können. „Das ist erstmal unbefriedigend. Daraus lernen wir.“

Mit dem Photovoltaik-Programm fördert die Stadt Solaranlagen auf Privatgebäuden.
Mit dem Photovoltaik-Programm fördert die Stadt Solaranlagen auf Privatgebäuden. © regios24 (Archiv/Symbol) | Helge Landmann

Photovoltaik-Förderprogramm reicht nur für 151 Anträge

Im Zeitraum vom 19. April, 18 Uhr, bis 20. April, 9 Uhr, gingen laut Stadtrat Bauer insgesamt 340 Förderanträge ein – davon 282 für Einfamilienhäuser, 38 für Zweifamilienhäuser und 20 für Mehrfamilienhäuser. Dann habe man den Förderantrag vom Netz genommen.

Das Problem: „Das Fördervolumen von 150.000 Euro reicht nur für 151 Anträge“, erklärte Bauer. In den Genuss der Förderung kämen damit ­– weil sie trotz der Server-Überlastung als erste ihre Anträge durchbrachten – nur die Antragsteller für 115 große Photovoltaik-Anlagen, für 76 Solarspeicher und für lediglich 36 Balkonkraftwerke. Dabei sollten letztere mit dem Programm eigentlich besonders unterstützt werden, weil diese die einzige Möglichkeit für Mieter darstellen, selbst Strom zu produzieren.

Lesen Sie mehr zum Thema:

Mit doppelter Summe könnten alle Förderanträge bewilligt werden

Dass bei einer Fördersumme von 150.000 Euro „nur“ 115 Anträge, aber zusammengerechnet 227 große und kleine Solaranlagen sowie Solarspeicher bezuschusst würden, liegt übrigens daran, dass in einem Antrag die Kombination aus Solaranlage und -speicher möglich war.

Ihr Newsletter für Wolfsburg & Region

Kostenlosen Newsletter bestellen und täglich das Neueste aus der Region im Postfach lesen.

Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.

„Wir bräuchten 308.000 Euro, wenn wir alle Anträge bedienen wollten“, erläuterte der Dezernent. Weil es sich aber um ein Förderprogramm mit Deckel handelt, müssten gemäß Richtlinie alle weiteren Anträge abgelehnt werden. Doch das sei „unglücklich“ wegen der Server-Probleme, gab Bauer zu.

Auch steckerfertige Mini-PV-Anlagen, so genannte Balkonkraftwerke, werden in Wolfsburg bezuschusst.
Auch steckerfertige Mini-PV-Anlagen, so genannte Balkonkraftwerke, werden in Wolfsburg bezuschusst. © dpa (Archiv/Symbol) | Stefan Sauer

Stadt schlägt „Goodwill-Aktion“ als Wiedergutmachung vor

Dann die Überraschung: „Daher schlagen wir als Verwaltung vor, dass wir den Fördertopf freiwillig einmalig um 50.000 Euro erhöhen“, gab der Dezernent und Kämmerer im Ausschuss bekannt. Das würde aber nur für die bereits gestellten Anträge gelten. „Das wäre eine gute und verhältnismäßige Lösung“, sagte er und nannte das eine „Goodwill-Aktion“. Er betonte: „Wir wären dazu nicht verpflichtet.“

Bauer legte dar, dass bei einem Fördervolumen von 308.000 Euro sogar alle 340 Anträge bewilligt werden könnten. Diese umfassen 231 große PV-Anlagen, 163 Solarspeicher und immerhin 94 Balkonkraftwerke. Er rechnete vor, dass dann auch mehr als die doppelte Leistung installiert werden könnte: statt nur 1099 Kilowatt-Peak dann 2261 kwp. Die mögliche Speichergröße würde statt lediglich 599 Kilowattstunden dann 1283 kWh betragen.

Lesen Sie hier weitere Nachrichten aus Wolfsburg:

Schräg: Auch ein Gifhorner wollte Wolfsburger Solar-Förderung

„Beeindruckend“ fand Marcus Musiol (SPD), dass sich so viele für die Förderung interessiert haben. Er wollte wissen, welche Ablehnungsgründe es noch gab. Woraufhin der Dezernent berichtete, dass es jemand aus dem Landkreis Gifhorn versucht habe; außerdem seien trotz bestehender Anlagen Neu-Installationen beantragt und Doppel-Anträge gestellt worden.

Ausschuss-Vorsitzender Marco Meiners (FDP) lobte den „großartigen Erfolg des Programms“ und nannte es „misslich“, wenn es wegen der Server-Probleme zu Ungerechtigkeiten käme. Er kündigte an, dass auch im Finanzausschuss über die freiwillige Aufstockung der Förderung gesprochen werden müsse.

Umweltausschuss könnte sich noch höhere Fördersumme vorstellen

Aus dem Umweltausschuss gab es sogar Vorschläge, das Erfolgsprogramm mit noch mehr Mitteln auszustatten. Hans-Georg Bachmann (SPD) kam das 100-Dächer-Solarprogramm für städtische Bauten in den Sinn, das ihm und auch anderen Politikern zu wenig vorankommt. 500.000 Euro seien dafür 2023 vorgesehen. Würde man mit dem Geld Privatanlagen fördern, „hätten wir einen wunderbaren Erfolg“, frohlockte er. Peter Kassel (CDU) hielt immerhin 10 Prozent der Summe für eine gute Sache.

Doch der Dezernent stellte zum 100-Dächer-Programm klar: „Ich gehe davon aus, dass wir die Summe sehr wohl brauchen. Es wird daran gearbeitet.“ Im nächsten Bauausschuss soll dazu berichtet werden.

Mehr wichtige Nachrichten aus Wolfsburg lesen:

Täglich wissen, was in Wolfsburg passiert: Hier kostenlos für den täglichen Wolfsburg-Newsletter anmelden!

Dieser Artikel wurde aktualisiert.