Wolfsburg. Alles schön, aber strenge Vorschriften nerven: Im Reislinger Baugebiet Wiesengarten ist bis zu den Pflanzen alles ganz genau geregelt.

Mit einem Idyll empfängt das Baugebiet Wiesengarten in Reislingen Autofahrer, die sich dem neuen Quartier von Nordwesten her nähern: Auf einer Weide grasen Pferde, am Donnerstagvormittag hat sich auch noch ein Vogel auf dem Rücken eines Schimmels niedergelassen. Gar nicht weit davon entfernt werkeln Arbeiter und Maschinen an einem Mehrfamilienhaus.

Der Wiesengarten ist eines der Wohngebiete, die im Zuge der Wolfsburger Wohnungsbauoffensive entstanden sind. Viele Familien mit kleinen Kindern leben hier, in modernen Reihenhäusern, großzügigen Doppelhäusern oder frei stehenden Einfamilienhäusern. Im Eigenheim oder zur Miete.

Wolfsburger Wohngebiet Wiesengarten: ruhig und doch stadtnah

Denise Murolo und ihr Mann gehören zu den Mietern. Seit Ende 2020 bewohnen sie mit ihren zwei Söhnen ein Reihenhaus im Schwertlilienweg. „Wir haben ein großes Haus gesucht“, erzählt die 34-Jährige, die gerade mit ihrem Hund spazieren gegangen ist. Stadtnah wollten sie leben, und stadtnah ist der Wiesengarten. Mit dem Auto sind die Bewohner des Baugebietes in wenigen Minuten in der Innenstadt und wohnen doch gefühlt auf dem Dorf.

Denise Murolo gefällt es auch deshalb sehr gut im Reislinger Baugebiet. „Es ist ruhig“, sagt sie. „Und alle sind lieb und nett und kennen sich.“ Schade sei nur, dass die Stadt Wolfsburg ihre Pläne für einen Park und einen Spielplatz noch nicht umgesetzt habe. „Die Kinder haben sich darauf gefreut“, sagt sie. Der Große ist inzwischen mit fast 13 Jahren so gut wie raus aus dem Spielplatz-Alter.

Familien im Reislinger Baugebiet warten auf Park mit Spielplatz

Viel Platz: In der Mitte des Baugebietes Wiesengarten soll einmal ein Park mit einem Spielplatz entstehen. Familien mit Kindern warten sehnlichst darauf.
Viel Platz: In der Mitte des Baugebietes Wiesengarten soll einmal ein Park mit einem Spielplatz entstehen. Familien mit Kindern warten sehnlichst darauf. © regios24 | Sebastian Priebe

„Park“ klingt groß für ein Baugebiet. Doch die Fläche, auf der er entstehen soll, ist tatsächlich sehr weitläufig. Sie öffnet sich zwischen den Reihenhäusern am Schwertlilienweg und denen in der Straße „An den Rohwiesen“. Für die Bewohner mit Kindern dürfte es herrlich werden, wenn er fertig ist: Sie werden nur ihre Gartenpforten öffnen müssen, um zum Spielplatz zu laufen.

Ein 39-jähriger Wolfsburger, der gerade einen Fahrradanhänger am Familienauto montiert, kann kaum erwarten, dass es so weit ist. „Es ist schön, hier zu wohnen. Außer, dass der Park noch nicht fertig ist, denn wir haben kleine Kinder, und die freuen sich darauf.“ Ein bisschen werden sich die beiden Jungen und das Mädchen gut zwei Jahre nach dem Einzug noch gedulden müssen.

Strenge Bau- und Gestaltungsvorschriften sorgen für Unmut

Strenge Bau- und Gestaltungsvorschriften und der Umgang damit sorgen bei manchen Eigenheimbesitzern im Reislinger Wiesengarten für Unmut.
Strenge Bau- und Gestaltungsvorschriften und der Umgang damit sorgen bei manchen Eigenheimbesitzern im Reislinger Wiesengarten für Unmut. © regios24 | Sebastian Priebe

Nach Kenntnisstand einer Familie aus dem Malvenweg etwa bis Ende 2024. Sie wohnt seit dem Frühjahr 2020 im Wiesengarten, und die Mutter hat sich schon bei der Kommune erkundigt, warum der Spielplatz noch fehlt. Die Begründung, an die sich die 31-Jährige erinnert: Wegen Corona herrsche Sparzwang.

Ihr Mann und sie sind wegen der Lage in den Wiesengarten gezogen. „Wir sind in fünf Minuten in der Stadt. Es ist ein Traum“, sagt sie. Doch es gibt auch etwas, was das Paar ziemlich stört: die strengen Vorschriften und der Umgang einiger Nachbarn damit.

In die Gärten sollen heimische Pflanzen

Moderne Reihenhäuser stehen im Schwertlilienweg und
Moderne Reihenhäuser stehen im Schwertlilienweg und "An den Rohwiesen".  © regios24 | Sebastian Priebe

„Das große Problem ist: Es gab ganz viele Vorgaben von der Stadt“, sagt die Frau. Alles sei ganz genau vorgeschrieben gewesen, erzählen ihr Mann und sie: Von der Farbe der Fassaden über die Höhe der Zäune und die Breite der Einfahrten bis zur Auswahl heimischer Pflanzen für die Gärten. Vertreter der Stadt seien sogar an die Haustür gekommen und hätten gefragt, ob sie wüssten, was sie pflanzen dürften, erinnern sich die Reislinger.

„50 Prozent halten sich an die Vorschriften. Und die, die sich nicht dran halten, bekommen auch keine Probleme“, sagt die Frau. Das sorge zum Teil für Unmut. „Ich hätte auch gerne eine andere Hecke gehabt.“

Wegen städtischer Bauvorgaben: Vorgartenbesitzer wider Willen

Am Rand des Wiesengartens finden noch Bauarbeiten statt.
Am Rand des Wiesengartens finden noch Bauarbeiten statt. © regios24 | Sebastian Priebe

Eine Hecke haben ihre Nachbarn von schräg gegenüber noch nicht. Rudolf Moch (33) steht dort, wo mal ein Vorgarten entstehen soll, am Betonmischer. Er macht viel selbst an dem Einfamilienhaus, in das seine Frau und er vor einem guten Jahr mit ihren drei Kindern eingezogen sind.

Moch hätte eigentlich lieber einen größeren Garten hinter dem Haus anstatt eines Vorgartens und eines weiteren Streifens an der Seite des Hauses. Doch im Gegensatz zu den Nachbarn auf der anderen Straßenseite, die ganz vorne an der Grundstücksgrenze bauen mussten, mussten die Mochs ihr Haus zurücksetzen.

Sie haben sich trotz der Auflagen für die Wiesengarten entschieden. Mochs Frau kommt aus Reislingen. Zu Oma und Opa sei es „ein Katzensprung“, sagt der Familienvater. Auch die Nachbarschaft findet er nett. „Ich komme mit allen klar.“ Was ihm fehlt: „Ein Spielplatz wäre nicht schlecht, und ein Fußballplatz wäre nicht schlecht.“

Am Rand des Wiesengartens grasen Pferde

Im Grünen: Am Rand des Wolfsburger Wohngebietes Wiesengarten grasen Pferde.
Im Grünen: Am Rand des Wolfsburger Wohngebietes Wiesengarten grasen Pferde. © regios24 | Sebastian Priebe

Auf der Einfahrt eines würfelförmigen Designhauses im Mädesüßweg werkelt ein Mann mittleren Alters. Er ist vor anderthalb Jahren aus dem Landkreis Helmstedt herzogen. „Für mich war die Nähe zur Stadt wichtig“, sagt er.

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Die Entscheidung für den Wiesengarten bereut der 54-Jährige nicht: „Ich bin sehr zufrieden. Es ist zwar noch nicht alles fertig, und die Nachbarn sind noch nicht alle mit ihren Gärten fertig, aber das ist normal.“