Uehrde. Eine Schafherde aus der Klosterschäferei Wiebrechtshausen ist wieder zu Gast im Ort Ührde bei Osterode. Zwei Hunde sorgen für ihre Sicherheit.

Wenn sie sich wieder auf den Weg machen, weiß man sicher, dass es Frühling ist. Auch 2024 haben sich Ende April zusammen mit Schäfer Matthias Bodmann wieder 400 Mutterschafe mit ihren Lämmern und einigen Ziegen bei Uehrde eingefunden, um auf dem ehemaligen Standortübungsplatz auf ihre ganz besondere Art für Naturschutz zu sorgen. Vier Hundertschaften sozusagen, die den Arterhalt auf gut 80 Hektar sichern helfen. Diese Flächen befinden sich im Besitz des Nabu und des Rohstoff-Unternehmens Rump und Salzmann. Damit die Herde auch ungestört und sicher vor Wölfen weiden kann, wachen über sie zwei weitere Vierbeiner: die Herdenschutzhunde Boss und Marie.

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Landschaftspfleger auf vier Beinen: rund 400 Schafe und Ziegen sorgen auch in diesem Jahr wieder bei Uehrde für Naturschutz und Artenvielfalt.
Landschaftspfleger auf vier Beinen: rund 400 Schafe und Ziegen sorgen auch in diesem Jahr wieder bei Uehrde für Naturschutz und Artenvielfalt. © privat | ANDREAS NOLTE

Schafsherde zu Gast in Osterode am Harz: Bisher noch keine Übergriffe durch Wölfe

„Diese beiden haben schon einige Erfahrung“, sagt Michaela Kleemann, Schäferin und gleichzeitig Hundespezialistin aus Wiebrechtshausen. Es seien Maremmano-Schäferhunde, beeindruckend schöne und intelligente Tiere mit einem ausgeprägten Wachinstinkt. „Die beiden sehen hübsch aus mit ihrem weißen Fell und viele würden sie wohl gerne knuddeln, aber das sollte man lieber nicht versuchen. Ihre Familie ist die Herde und diese verteidigen sie gegen jeden Fremden.“

Übergriffe durch Wölfe habe man bislang in den insgesamt drei Herden der Klosterschäferei noch nicht zu beklagen gehabt, sagt Michaela Kleemann weiter. Allerdings würden die Sichtungen häufiger. Dies habe man durch Fotofallen feststellen können. Im Harz gebe es Wolfsrudel, die nachweislich in diesem Jahr Welpen großziehen. Dadurch wird nun auch hier die Wolfspopulation immer dichter.

Lebensfreude pur - hier lassen sich Frühjahr und Sommer aushalten.
Lebensfreude pur - hier lassen sich Frühjahr und Sommer aushalten. © privat | ANDREAS NOLTE

Klosterschäferei Wiebrechtshausen: Nur vier Herdenschutzhunde für 1.000 Schafe

Die drei Herden aus Wiebrechtshausen schütze man nachts mit Elektrozäunen und nach Möglichkeit mit Schutzhunden: „Insgesamt haben wir nur vier Herdenschutzhunde für über 1.000 Schafe im Einsatz“, erläutert Kleemann, „aber eigentlich sind dies zu wenige. Man rechnet normalerweise pro hundert Schafe einen Schutzhund. Eine Abwehr und Vergrämung des Wolfes wird auch mit weniger schon gelingen, gegen ein etabliertes Wolfsrudel wären sie aber wahrscheinlich unterlegen. Irgendwann werden wir aufrüsten müssen. Denn auch die Wölfe lernen ja dazu, die sind nicht dumm und passen ihre Jagdstrategien den Bedingungen an.“

Herdenschutzhunde, so sagt sie weiter, seien teuer. Zwar werde deren Anschaffung aus öffentlichen Mitteln gefördert, aber in Niedersachsen bedauerlicherweise nicht ihr Unterhalt: „Wir bräuchten für unsere drei Herden theoretisch zwölf Herdenschutzhunde, aber so viele können wir uns nicht leisten. Rump und Salzmann hilft uns durch einen jährlichen Pflegezuschuss für unseren Schutzhund Henning, eine Kreuzung zwischen Pyrenäen-Berghund und Polski Owczarek Podhalanski.“

Mutter und Kind in freier Natur - zu den 400 Muttertieren gehören auch zahlreiche Lämmer. 
Mutter und Kind in freier Natur - zu den 400 Muttertieren gehören auch zahlreiche Lämmer.  © privat | ANDREAS NOLTE

Bliebe festzustellen, dass noch die Hütehunde hinzugezählt werden müssen. Diese leben im Unterschied zu den Schutzhunden mit der Schäferin und dem Schäfer und begleiten sie, wenn diese täglich ihre Herden besuchen. Außer in Uehrde grast noch je eine Herde auf Flächen bei Northeim und in Lonau/Sieber.

All diese Tiere betreiben Naturschutz auf klassische, seit der Antike bekannte Art. Michaela Kleemann: „Man spricht auch von dem ‚goldenen Tritt‘ der Schafe. Die Tiere verdichten wegen ihres vergleichsweise geringen Gewichtes nur die obere Bodenstruktur. Sie grasen und bieten mit Ihren Exkrementen Nahrung für Käfer und andere Insekten und schaffen so einen perfekten Naturkreislauf. Ziegen hingegen lassen sich eher das Buschwerk schmecken. Deshalb eignen sie sich für Streuobstwiesen weniger. Wir Schäfer müssen also jeweils Weidepläne erstellen, und dies ist manchmal nicht unkompliziert, weil bei Blumen und Kräutern ja auch noch Samen für spätere Kulturen übrigbleiben sollen.“

Die Schafe und Ziegen aus der Klosterschäferei Wiebrechtshausen halten das Grünland kurz, verdichten es und bekämpfen die Verbuschung.
Die Schafe und Ziegen aus der Klosterschäferei Wiebrechtshausen halten das Grünland kurz, verdichten es und bekämpfen die Verbuschung. © privat | ANDREAS NOLTE

Herde unterwegs im Harz: Schafe sind ein funktionierender Naturschutz und unverzichtbar

Uwe Schridde, Betriebsleiter bei Rump und Salzmann, ist die wichtige Naturschutzfunktion der Schafe und Ziegen natürlich bestens bekannt: „Wir freuen uns immer, wenn wir aus der Klosterschäferei Wiebrechtshausen Besuch bekommen. Die Tiere sind für einen funktionierenden Naturschutz auch in der heutigen Zeit unverzichtbar. Sie sind Landschaftspfleger auf vier Beinen und bei uns immer willkommen.“

Bis Oktober werden die drei Herden unterwegs sein, sofern das Wetter mitmacht. Anschließend werden sie in ihre Ställe in der Klosterschäferei zurückkehren. Und dann haben Boss und Marie und die anderen Herdenschutzhunde weniger zu tun und eine entspanntere Zeit.

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