Herzberg. Die Helios Klinik Herzberg/Osterode streicht beide Bereiche. Wann es so weit ist, warum es so weit kommt und was Patienten wissen müssen.

Das ist eine Hiobsbotschaft für alle werdenden Eltern in der Region: Die Helios Klinik Herzberg/Osterode plant, zum 30. September 2024 die Gynäkologie und Geburtshilfe zu schließen. Aufgrund von andauerndem Personalmangel kann die Abteilung nicht weiter betrieben werden, heißt es in einer Pressemitteilung des Hauses. Die Klinik konzentriere sich fortan auf die Akutversorgung in den anderen Fachdisziplinen.

Im Landkreis Göttingen ist dies nicht die erste Geburtshilfe, die in diesem Jahr schließen wird. Auch das evangelische Krankenhaus Weende am Standort Neu-Mariahilf schließt die Geburtshilfe. Die Gynäkologie bleibt hier bestehen. In der Geburtshilfe ist bereits Ende August Schluss:

„Wir haben uns diese Entscheidung nicht leichtgemacht. Unser oberstes Ziel ist es, für die Menschen in unserer Region die bestmögliche Versorgung in bestmöglicher Qualität sicherzustellen. Dazu gehört eine entsprechende personelle Aufstellung, insbesondere im ärztlichen Bereich. Gerade in der Gynäkologie und Geburtshilfe stehen wir hier jedoch in einem sehr herausfordernden Wettbewerb um Fachkräfte, in dem große Kliniken und Häuser in Ballungszentren Standortvorteile haben“, wird Klinikgeschäftsführer Johannes Richter in der Mitteilung zitiert.

Es sei in den vergangenen Jahren nicht möglich gewesen, ein stabiles Team mit einer konstanten fachärztlichen Stärke aufzubauen. Auch das Hebammenteam habe bereits seit längerer Zeit nicht genügend eigenes Fachpersonal.

In Herzberg: Weniger Geburten in der Helios Klinik Herzberg/Osterode

„Die werdenden Mütter bevorzugen zunehmend größere Krankenhäuser mit angeschlossenen Kinderkliniken.“

Johannes Richter, Geschäftsführer der Helios Klinik Herzberg/Osterode

Zugleich verzeichne die Klinik einen Trend zu immer weniger Geburten. „Die werdenden Mütter bevorzugen zunehmend größere Krankenhäuser mit angeschlossenen Kinderkliniken. Auch diese nachvollziehbare Entwicklung macht uns und unserem Anspruch an Qualität und Sicherheit zu schaffen. Daher planen wir den Fachbereich schweren Herzens zum 30. September 2024 zu schließen“, fasst Klinikgeschäftsführer Johannes Richter die Situation zusammen.

Ambulante Versorgung über an der Klinik Herzberg ansässige Frauenarztpraxis bleibt

Mit der geplanten Schließung entfällt in der Helios Klinik Herzberg/Osterode das stationäre gynäkologische und geburtshilfliche Angebot sowie die Notfallversorgung in diesem Bereich. Die ambulante Versorgung über die an der Klinik ansässige Frauenarztpraxis MVZ am Harz bleibt bestehen.

Alternative Krankenhäuser mit Geburtshilfe und Gynäkologie:

  • Northeim
  • Göttingen
  • Goslar
  • Nordhausen

Diese Kliniken bieten teilweise eine höhere Versorgungsstufe als die Herzberger Frauenklinik. Die Geburtskliniken sowie niedergelassene Gynäkologen und Gynäkologinnen im Umkreis, der Herzberger Bürgermeister Christopher Wagner und Landrat Marcel Riethig sind laut der Mitteilung über die geplante Schließung informiert.

„Wir werden die Öffentlichkeit und insbesondere alle Schwangeren und Patientinnen der Klinik über die weiteren Schritte stetig auf dem Laufenden halten“, sagt Johannes Richter.

Personalsituation und Qualitätsanforderungen in der Geburtshilfe

„Die Personalsituation in der Geburtshilfe und Gynäkologie hat sich in den vergangenen Jahren stetig weiter angespannt. Bisher konnten wir die Abteilung noch aufrechterhalten, weil wir ein sehr engagiertes Kernteam haben und immer mehr Dienste mit externem Personal besetzen. Das ist aber keine Dauerlösung, vor allem, wenn Krankheit oder Urlaub das Personal weiter verknappen“, erläutert Johannes Richter. Gerade im Rahmen der stationären Betreuung werdender Mütter, die dem Haus ihr Vertrauen schenken, sei ein aufeinander eingespieltes Team in gemeinsamer Verantwortung ein entscheidendes Qualitätsmerkmal.

Bald ist Schluss: An der Helios-Klinik in Herzberg werden ab Oktober keine Kinder mehr geboren. Denn die Gynäkologie und Geburtshilfe sollen schließen.
Bald ist Schluss: An der Helios-Klinik in Herzberg werden ab Oktober keine Kinder mehr geboren. Denn die Gynäkologie und Geburtshilfe sollen schließen. © dpa | Stefan Puchner

Klinik schafft es nicht, ausreichend Fachpersonal zu finden und genügend Fallzahlen zu erreichen

„Grundsätzlich sollte eine Fachärztin oder ein Facharzt der Geburtshilfe im Bereitschaftsdienst jederzeit innerhalb von 20 Minuten in der Klinik sein. Das bedeutet, dass sich die Fachärzte außerhalb der Regelarbeitszeit im engen Umkreis der Klinik aufhalten bzw. wohnen müssen. Trotz umfangreicher Maßnahmen, um unsere vakanten Stellen zu besetzen, konnten wir dieses Fachpersonal in der engen Anbindung an die Klinik leider nicht in ausreichender Zahl gewinnen“, ergänzt Klinikgeschäftsführer Richter.

„Wir tragen insbesondere in der Geburtshilfe eine hohe Verantwortung – und das gleich für zwei Leben.“

 Stephan Matzath, Ärztlicher Direktor

„Wir tragen insbesondere in der Geburtshilfe eine hohe Verantwortung – und das gleich für zwei Leben“, sagt auch Stephan Matzath, der Ärztliche Direktor. „Gleichzeitig gilt, dass für eine gute medizinische Qualität auch bestimmte Fallzahlen benötigt werden, denn was man häufig und regelmäßig tut, das kann man besser. Wir haben hier also zwei Faktoren, die wichtig für das Wohl unserer Patientinnen sind.“

Betroffene Mitarbeiter sind informiert, Gespräche mit dem Betriebsrat soll es geben

„Mein Dank gilt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Fachbereichs, die sich viele Jahre engagiert um die Patientinnen in der Gynäkologie und Geburtshilfe gekümmert haben“, sagt Johannes Richter.

Die Klinikleitung hat die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung über die geplante Schließung informiert und wird mit dem Betriebsrat in Gespräche eintreten. „Dabei unterbreiten wir auch Angebote zur Weiterbeschäftigung in unserer Klinik und anderen Helios Kliniken.“ Pflegekräfte sind von der geplanten Schließung nicht betroffen. Auch das Sekretariatspersonal kann in der Klinik weiterbeschäftigt werden.

Betriebsrat zur Schließung der Geburtshilfe im Krankenhaus Herzberg: „Sind total sauer“

„Wir als Betriebsräte sind total sauer“, sagt Carsten Georg, Vorsitzender des Betriebsrates, in einer Pressemitteilung, die die Gewerkschaft Verdi kurz nach dem Bekanntwerden der Schließung veröffentlicht. „Wir halten diese Schließung für lange gewollt“. Die Entwicklung sei in weiten Teilen hausgemacht: „Wenn man weiß, wie schwer es ist, Fachkräfte für unsere Region zu gewinnen, dann ist es umso wichtiger, alles dafür zu tun, die Kollegen, die man schon an Bord hat, nicht noch zu vergraulen. Und natürlich auch für einen guten Ruf der eigenen Geburtshilfe zu sorgen.“ Beides sei aber nach Meinung des Betriebsrates trotz wiederholter Hinweise nicht passiert: „Wenn man das Ziel verfolgt, ein Krankenhaus als Unternehmen laufend betriebswirtschaftlich zu optimieren und versucht maximale Profite rauszuziehen, dann entledigt man sich Abteilungen, die nicht ausreichend profitabel sind. Dies alles zulasten der Beschäftigten.“

Als Betriebsrat könne man solche Schließungen nicht verhindern. „Wir werden jetzt alles dafür tun, bei den kommenden Sozialplanverhandlungen für unsere betroffenen Kolleginnen und Kollegen das Beste rauszuholen. Für die Bürgerinnen und Bürger des Altkreis Osterode ist es besonders schlimm. Durch diese Schließung kommt es zu einer weiteren Schwächung der gesamten Region und das wird sicher Einfluss auf die Entscheidung junger Familien nehmen, überhaupt hierher zu ziehen. Gute wäre, wenn Helios über die Einrichtung eines hebammengeführten Kreissaals, ggf. mit niedergelassenen Belegärzten nachdenken würde.“

Das künftige stationäre medizinische Leistungsspektrum der Helios Klinik Herzberg/Osterode:

  • Kardiologie
  • Gastroenterologie
  • Geriatrie
  • Orthopädie
  • Unfall- und Wirbelsäulenchirurgie
  • Allgemein- und Viszeralchirurgie
  • Gefäßchirurgie
  • Anästhesie
  • Intensivmedizin
  • Die Notaufnahme mit ihrem interdisziplinären Expertenteam steht jederzeit, 24 Stunden täglich und an sieben Tagen in der Woche Patientinnen und Patienten mit akuten und lebensbedrohlichen Erkrankungen in der Region zur Seite.
  • Im MVZ werden an den Standorten in Herzberg und Osterode ambulante Leistungen in der Frauenheilkunde, Chirurgie, Innere Medizin, Gastroenterologie und Allgemeinmedizin angeboten.

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