Braunschweig. „Deutschsprachige Muslimische Gemeinschaft“ in Braunschweig aufgelöst. Innenministerin: Harter Schlag gegen die Szene. Positives Echo in der Region.

Einen „harten Schlag gegen die salafistische Szene über Niedersachsen hinaus“, hat Landesinnenministerin Daniela Behrens am Mittwochvormittag verkündet: In Hannover gab die SPD-Politikerin das Verbot der Deutschsprachigen Muslimischen Gemeinschaft (DMG) in Braunschweig bekannt. Der nun aufgelöste Verein gilt als Hotspot der salafistischen Szene in Deutschland.

Seit dem frühen Morgen durchsuchte die Polizei da bereits die Immobilien des Vereins in Braunschweig sowie weitere Privaträume, die mit der DMG in Verbindung stehen: insgesamt acht Objekte – neben Braunschweig in Gifhorn und Berlin.

Razzia in Braunschweig – „Verein hat junge Menschen über Youtube und Tiktok vergiftet“

Mit dem Verbot nehme man deutschsprachigen salafistischen Predigern „ihre wichtigsten Plattformen zur Verbreitung ihrer extremistischen Ideologie“, sagte Behrens. Dadurch werde die Szene empfindlich geschwächt. Vor allem im Internet erzielte der Verein zuletzt eine enorme Reichweite.

Auf Tiktok und Youtube erreichte die DMG zehntausende Nutzerinnen und Nutzer. Ihre „Omnipräsenz“ im Netz, so Behrens, führe zu einer „Vergiftung einer jungen Generation“. Dies zu beenden, sei ein Hauptziel des Verbots. Das Innenministerium habe die Plattformbetreiber angewiesen, die Inhalte aus dem Netz zu entfernen. 

Verbot von muslimischem Verein: Razzia in Braunschweig und Berlin

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    Der Verein verstoße gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung, und zwar „auf aggressive und kämpferische Weise“, begründete Behrens das Verbot inhaltlich. Die DMG vertrete und verbreite „den Gedanken der Höherwertigkeit der Scharia und der Überlegenheit von Muslimen“, religiöse Intoleranz, antisemitische und israelfeindliche Einstellungen und die Ungleichbehandlung von Frauen. „Das hier hat nichts mit Religion zu tun, sondern mit Feindschaft, Hass und Hetze“, fasste Behrens zusammen. 

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    In Gifhorn nahmen rund 40 Beamte mehrere Stunden lang eine Wohnung sowie die Garage eines Mehrfamilienhauses am Lehmweg unter die Lupe. Am Nachmittag teilte das Innenministerium auf Anfrage mit, bei den acht Durchsuchen seien Dokumente und digitales Material beschlagnahmt worden, das nun ausgewertet werde. „Darüber hinaus gab es auch Bargeldfunde, deren Bezüge zur DMG derzeit noch aufgeklärt werden“, hieß es.

    Interview: Razzia in muslimischem Verein in Braunschweig

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      Vertreter der politischen Parteien begrüßten das Vereinsverbot einhellig. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Christos Pantazis lobte es als „wichtigen und richtigen Schritt zum Schutz unserer freiheitlichen Demokratie und Grundwerte“. Michael Lühmann, innenpolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion nannte das Vereinsverbot „konsequent, richtig und ohne jede Alternative“.

      Polizei und Staatsanwaltschaft haben am Mittwochmorgen Räume der Deutschsprachigen Muslimischen Gemeinschaft (DMG) in Braunschweig und weitere Objekte in Berlin durchsucht.
      Polizei und Staatsanwaltschaft haben am Mittwochmorgen Räume der Deutschsprachigen Muslimischen Gemeinschaft (DMG) in Braunschweig und weitere Objekte in Berlin durchsucht. © DPA Images | -

      Von der CDU gab es neben Zustimmung aber auch Kritik: Der Bundestagsabgeordnete Carsten Müller sprach von einem „überfälligen Schritt“. Christoph Plett, Landesvorsitzender der CDU Braunschweig, monierte, das Verbot hätte bereits vor einem Jahr erfolgen müssen. „Kostbare Zeit ist nicht genutzt worden“, so Plett.

      Kevin Komolka, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei Niedersachsen hob das „entschlossene Vorgehen“ der Sicherheitsbehörden hervor. Es sei deutlich geworden, dass der Staat in der Lage und bereit sei, gegen extremistische Bedrohungen vorzugehen und die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten.

      Was bedeutet Salafismus?

      Der Salafismus ist eine radikal konservative religiöse Strömung, dessen Anhänger sich ausschließlich auf den Wortlaut des Koran und auf die Frühzeit des Islam vor rund 1400 Jahren berufen. Der Name Salafismus leitet sich ab von der arabischen Bezeichnung „al-salaf al-salih“ für die „rechtschaffenen Altvorderen“, die Mitstreiter des Propheten Mohammed. Das Salafismus gehört zum sunnitischen Islam und ist vom Wahabismus geprägt, der islamischen Lehre, die vor allem Saudi-Arabien praktiziert wird.

      Der Salafismus gilt in Deutschland wie international als dynamischste islamistische Bewegung. Ziel von Salafisten sei die vollständige Umgestaltung von Staat, Rechtsordnung und Gesellschaft nach einem salafistischen Regelwerk, das als „gottgewollte“ Ordnung angesehen wird, erklärt Niedersachsens Verfassungsschutz auf seiner Webseite. „In letzter Konsequenz soll ein islamischer ,Gottesstaat‘ errichtet werden, in dem wesentliche, in Deutschland garantierte Grundrechte und Verfassungspositionen keine Geltung haben sollen.“ ae/red

      Tatsächlich haben die Behörden die DMG schon lange im Visier. Er ist immer wieder Anlaufpunkt salafistischer Prediger, bei ihren Auftritten versammeln sich Anhänger aus ganz Deutschland. Im Verfassungsschutzbericht heißt es, dass der Verein eine zentrale Rolle in der überregionalen Vernetzung salafistischer Aktivitäten einnimmt. Auch in den sozialen Medien werden die Botschaften des Vereins verbreitet, Videos bei YouTube werden tausendfach geklickt. Auch im Zusammenhang mit der Ausreisewelle von Islamisten in die ehemaligen Gebiete des sogenannten „Islamischen Staats“ vor rund zehn Jahren stand der Verein im Fokus. Behörden hatten im Verdacht, dass dieser den Nährboden für radikales Gedankengut legen könnte.

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