München. Die DFB-Elf ist mit einem begeisternden 5:1-Sieg gegen Schottland in die Heim-EM gestart. Deutschland ist von Beginn an überlegen.

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ist triumphal in die Heim-EM gestartet. Das Team von Bundestrainer Julian Nagelsmann besiegte Schottland in München am Freitagabend mit 5:1 (3:0) und machte damit einen ersten großen Schritt Richtung Achtelfinale.

Beim ersten Sieg in einem Auftaktspiel einer EM oder WM seit 2016 erzielten Florian Wirtz (10.), Jamal Musiala (19.), Kai Havertz (45.+1, Foulelfmeter), Niclas Füllkrug (68.) und Emre Can (90.+3) die deutschen Treffer, kurz vor Spielende unterlief Antonio Rüdiger ein Eigentor (87.). Vor dem 3:0 sah Schottlands Ryan Porteous (44.) wegen groben Foulspiels im Strafraum an Ilkay Gündogan die Rote Karte.

Nächster deutscher Vorrundengegner ist am Mittwoch in Stuttgart Ungarn.

Bayer-Zauberer Florian Wirtz hat Deutschland gegen Schottland einen starken EM-Auftakt beschert.
Bayer-Zauberer Florian Wirtz hat Deutschland gegen Schottland einen starken EM-Auftakt beschert. © AFP | Tobias Schwarz

Deutschland gegen Schottland 5:1: Der EM-Auftakt im Live-Ticker zum Nachlesen

Jamal Musiala hat das 2:0 für Deutschland gegen Schottland geschossen.
Jamal Musiala hat das 2:0 für Deutschland gegen Schottland geschossen. © AFP | Tobias Schwarz

Mit schnellen Kombinationen und dem lange vermissten Tor-Punch gelang der DFB-Elf nach drei Turnierstartpleiten wieder das wichtige Sieg-Signal im ersten Spiel - wie bei der Heim-WM 2006. Energisch angetrieben und taktisch perfekt eingestellt von Bundestrainer Julian Nagelsmann zeigten Kapitän Gündogan und seine Kollegen, dass sie dem großen Gastgeber-Druck standhalten können. 

Am Mittwoch in Stuttgart ist mit einem weiteren Erfolg im zweiten Turnierspiel gegen Ungarn sogar schon der Einzug ins Achtelfinale möglich - allerdings dürfte der Gegner dann viel mehr Gegenwehr leisten als die vom deutschen Powerfußball geschockten Schotten. 

Kai Havertz (l.) hat vor der Pause das 3:0 für Deutschland gegen Schottland erzielt. Das DFB-Team steht vor einem überzeugenden Auftaktsieg.
Kai Havertz (l.) hat vor der Pause das 3:0 für Deutschland gegen Schottland erzielt. Das DFB-Team steht vor einem überzeugenden Auftaktsieg. © AFP | Tobias Schwarz

Bevor der Ball rollte, wurde es zum Ende der knapp 15-minütigen Eröffnungsfeier emotional. Franz Beckenbauers Witwe Heidi brachte den silbernen Henri-Delaunay-Pokal auf den Rasen. Flankiert wurde sie von den EM-Ikonen Bernard Dietz und Jürgen Klinsmann, den Kapitänen der siegreichen Teams von 1980 und 1996. Bevor Heidi Beckenbauer den Rasen wieder verließ, warf sie einen Kuss Richtung Himmel. Deutschlands Fußball-Legende war am 7. Januar dieses Jahres im Alter von 78 Jahren gestorben.

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Die EM im eigenen Land - was ist drin für Deutschland?

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Und der Auftakt dürfte in der stimmungsvollen Münchner Arena, darunter auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, ganz nach dem Geschmack des Kaisers gewesen sein. Die deutsche Mannschaft übernahm direkt das Kommando. Nicht einmal eine Minute war gespielt, als Wirtz in allerdings abseitsverdächtiger Position erstmals den schottischen Torhüter Angus Gunn prüfte. Schnelles Kurzpassspiel, frühes Pressing, hohe Ballbesitzanteile - das DFB-Team war direkt auf Betriebstemperatur.

Wirtz-Tor erinnert an Philipp Lahm 2006

Und es gelang der erhoffte frühe Treffer. So wie 2006, als Philipp Lahm bereits nach sechs Minuten gegen Costa Rica den Startschuss zum Sommermärchen gab. Dieses Mal war es nach zehn Minuten so weit. Über Toni Kroos, den genialen Lenker im Mittelfeld, und Joshua Kimmich kam Wirtz zum Schuss, Gunn kam nur noch mit den Fingerspitzen an den Ball. Bundestrainer Nagelsmann, der vor dem Spiel noch ein wenig Nervosität eingeräumt hatte, feierte das Tor mit einem Jubellauf. „Die sind heiß, die haben Lust, die haben Hunger“, hatte der jüngste deutsche Turnier-Trainer angekündigt - und Recht behalten.

Der deutsche Hochgeschwindigkeitsfußball ließ den lautstarken schottischen Anhang ein wenig verstummen. 10 000 Fans der Tartan Army waren im Stadion, mehr als 100 000 Schotten in der Stadt. Und die waren vollends bedient, als auch der zweite Zauberer im deutschen Team traf. Nach feinem Zuspiel von Havertz setzte Musiala den Ball in die Maschen, vorausgegangen war ein Traumpass von Gündogan. 

Deutschlands Zauber-Duo: Florian Wirtz (l.) und Jamal Musiala haben die ersten beiden EM-Tore geschossen.
Deutschlands Zauber-Duo: Florian Wirtz (l.) und Jamal Musiala haben die ersten beiden EM-Tore geschossen. © Sebastian El-Saqqa / firo Sportphoto | Sebastian El-Saqqa

Die gesamte deutsche Bank sprang auf und applaudierte, was auch den Zusammenhalt dokumentierte. Und von den Rängen schallte es nach nur 21 Minuten: „Oh, wie ist das schön!“ Glücksgefühle, auf die die von drei schmachvollen Turnieren gebeutelten deutschen Fans lange warten mussten. Mitte der ersten Halbzeit schien gar das dritte deutsche Tor greifbar, als der französische Schiedsrichter Clément Turpin auf den Punkt zeigte. Das Foul an Musiala war aber außerhalb des Strafraums, sodass der Video-Referee intervenierte.

Den Elfmeter gab es aber doch noch - mit Verspätung. Kurz vor der Pause, als Gündogan zum Nachschuss ansetzen wollte, wurde er rüde von Porteous von den Beinen geholt. Eine Szene, die zunächst Schlimmstes für den deutschen Kapitän zu befürchten ließ. Folgerichtig flog der Schotte nach kurzem Videostudium vom Platz, und Havertz ließ sich die Chance nicht nehmen. Welch ein Gala-Auftritt der Nagelsmann-Elf zum EM-Start. Zum ersten Mal erzielte das DFB-Team in der ersten Halbzeit bei einer Europameisterschaft drei Tore. Die vielen Rückschläge und Niederlagen aus der Vergangenheit waren mit einem Schlag vergessen.

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Emre Can setzt den Schlusspunkt für Deutschland

In Überzahl hatte die deutsche Mannschaft von den ohnehin harmlosen Schotten nichts mehr zu befürchten. Rüdiger (51.), Wirtz (58.), der nun jüngster deutsche EM-Torschütze ist, und Maximilian Mittelstädt (65.) besaßen weitere gute Gelegenheiten. Das konnte für die Bravehearts nicht lange gut gehen - ging es auch nicht. Joker Füllkrug, der für Wirtz ins Spiel kam, wuchtete den Ball ins obere Toreck. Danach durfte auch Routinier und Fan-Liebling Thomas Müller vor heimischer Kulisse ran. Auf sein erstes EM-Tor muss der Münchner trotz guter Kopfball-Chance (80.) aber weiter warten. Der ausgelassenen Party-Stimmung machte dies keinem Abbruch - auch nicht das unglückliche Eigentor von Abwehrchef Rüdiger. Can setzt gar noch den Schlusspunkt.