Osterode. Der wachsende Einfluss Rechtsextremer in der Gesellschaft überschattet den traditionellen Neujahrsempfang der Stadt Osterode am Harz.

Die Verteidigung von Frieden, Freiheit und Demokratie, der Generalangriff auf das politische System war das bestimmende Thema während des traditionellen Neujahrsempfangs im historischen Ratssaal des Harzkornmagazins in Osterode, zu dem die Stadt zahlreiche Repräsentanten aus Bildung, Wirtschaft, Handwerk, Handel und dem öffentlichen Leben am Freitag, 12. Januar, eingeladen hatte. Es überschattete die vielfältigen städtischen Aktivitäten, die Bürgermeister Jens Augat vorstellte.

Bürgermeister Jens Augat bei seiner Neujahrsansprache.
Bürgermeister Jens Augat bei seiner Neujahrsansprache. © FMN | Michael Paetzold

Von einem beschwingten Start ins neue Jahr 2024 konnte angesichts der angespannten Stimmung im Land dann auch beim Neujahrsempfang keine Rede sein. „Wegducken und Schweigen ist keine Option mehr“, zog der Bürgermeister der Stadt Osterode am Harz zu Beginn seiner Neujahrsansprache sein Fazit der Geschehnisse um Vizekanzler Robert Habeck, der nach seiner Rückkehr von einer Privatreise zur Hallig Hooge daran gehindert wurde, eine Fähre zu verlassen.

„Es ist unsere Pflicht, entschieden gegen jegliche Form von Ausgrenzung Hass und Diffamierung vorzugehen“, so Augat weiter. Sobald gebrüllte Wut, Nötigung und Gewalt die Diskussion um politische Inhalte verdrängen, habe die Gesellschaft ein Problem, einen Mangel an Demokratieverständnis, der sich auch in Angriffen auf gewählte Politiker, Landräte und Bürgermeister Bahn breche. Augat: „Im Angesicht dieser Entwicklung ist jede und jeder Einzelne von uns gefordert, die Stimme für die Demokratie zu erheben.“

Stadtempfang in Osterode am Harz: Kinder und Jugendliche im Fokus

Traditionsgemäß ist der städtische Neujahrsempfang Anlass, auf das Jahr zurückzublicken und einen Ausblick zu wagen, und das tat der Verwaltungschef während seiner dreiviertelstündigen Ausführungen gründlich. Er legte den Fokus in diesem Jahr auf die Kinder und Jugendlichen als wichtigen Teil der Stadtgesellschaft, ein Thema, das sich wie ein roter Faden durch seine Rede zog.

Wo Rat und Verwaltung für die Gestaltung deren Zukunft aktiv werden könnten, engagiere man sich mit viel Herzblut, sagte Augat und positionierte Osterode als wichtigen Bildungsstandort. Über den schulischen Bereich hinaus gebe es vielfältige Freizeitangebote in Vereinen, bei der Feuerwehr, dem THW, dem Familienzentrum sowie sozialen Einrichtungen. 50 städtische Spielplätze und Sportanlagen kämen auch Kindern und Jugendlichen zugute. Stadtjugendpflege, die Jugendwerkstatt, die Einführung der Kita-App, Kinderschutzkonzepte wie das Projekt „Kelly-Inseln“, der erste Kinderschutztag oder die Jugendkonferenz legten Zeugnis ab von umfangreichem Handeln.

Gemütlicher Gedankenaustausch im Ratssaal.
Gemütlicher Gedankenaustausch im Ratssaal. © FMN | Michael Paetzold

Schaffung von Krippenplätzen in Osterode

Hohe Priorität hatte 2023 wegen des hohen Bedarfs weiterhin die Schaffung von zusätzlichen Krippen- und Kindergartenplätzen. Highlight sein wird neben Investitionen zur energetischen Sanierung bestehender Einrichtungen die Fertigstellung zweier neuer Kindertagesstätten auf dem Gelände der ehemaligen Rommelkaserne. Investor Helmut Roppelt war an diesem Abend ebefalls Gast. Mit Blick auf ein umfassendes Gesamtpaket an Maßnahmen stellte Augat fest: „Dies alles bedeutet gewaltige finanzielle Herausforderungen, denen sich Rat und Verwaltung trotz aktueller Kostensteigerung und Lieferengpässen aber im Interesse unserer Zukunftsfähigkeit gerne stellen.“

Die Gäste wurden gut bewirtet.
Die Gäste wurden gut bewirtet. © FMN | Michael Paetzold

Eine Blick warf der Verwaltungschef auch auf die vielen laufenden Baumaßnahmen und Infrastrukturprojekte in der Stadt und den Ortsteilen, die Sanierung des Johannistorhauses und der Schachtrupp-Villa beispielsweise, den Neubau des Aloha für eine der modernsten Schwimmsportstätten in der Umgebung, die Sanierung des Jahnstadions, die Weiterentwicklung des Bahnhaltepunktes Mitte im Rahmen eines neuen Verkehrs- und Parkraumkonzeptes und vieles andere mehr.

Die Gruppe Tapetenwechsel sorgte für die musikalische Begleitung. 
Die Gruppe Tapetenwechsel sorgte für die musikalische Begleitung.  © FMN | Michael Paetzold

Vorangetrieben wird laut Bürgermeister gemeinsam mit dem Landkreis Göttingen der Bau eines Wärmenetzes, an das in einem ersten Schritt neben der Schachtrupp-Villa die Stadthalle und das Tilman-Riemenschneider-Gymnasium sowie die Berufsschulen angeschlossen werden sollen. Gleichzeitig soll die Sanierung des Kornmarkte und der Marientorstraße Einstieg in die Wärmewende sein, denn im Rahmen der Bauarbeiten will die Harz Energie ein Wärmenetz verlegen. Augat: „Wir gehen also im Interesse künftiger Generationen bei der Wärmewende voran und stellen uns zukunftsfähig auf.“ Mit externer Unterstützung wird in diesem Jahr eine kommunale Wärmeplanung für Osterode erstellt, die als Grundlage für die Wärmewende für Unternehmen und Privathaushalte diesen soll.

Wichtig für das Mittelzentrum Osterode

Ferner thematisierte der Bürgermeister die Bedeutung der Industrie, des Handwerks und des Handels für das Mittelzentrum Osterode, die enge Verbindung von Ortschaften und Kernstadt, die Bedeutung des Ehrenamtes, den Wald- und Klimaschutz, die Entwicklung der Städtepartnerschaften und blickte auf das reiche kulturelle Geschehen in 2023 zurück. Zusammenfassend stellte Augat abschließend fest: „Ich bin überzeugt, dass wir die Kraft haben, uns gemeinsam gegen die aktuellen Krisen zu stemmen. Lassen Sie uns nicht das Trennende betonen, lassen Sie uns das Verbindende suchen und finden. Lassen Sie uns das schätzen, was wir haben und von außen oft viel positiver betrachtet wird.“

Alexander Saade bei seiner Rede zum Neujahrsempfang der Stadt Osterode am Harz im Januar 2024.
Alexander Saade bei seiner Rede zum Neujahrsempfang der Stadt Osterode am Harz im Januar 2024. © FMN | Svenja Paetzold-Belz

Demokratie ist in Gefahr

Mit einer aufrüttelnden Rede zum Rechtsruck in Deutschland konfrontierte Gastredner MdL Alexander Saade (SPD) die Teilnehmenden des Stadtempfangs und griff die Ausführungen des Bürgermeisters auf. „Unsere Demokratie ist in Gefahr, weil wir zusehen, wie Politik, staatliche Institutionen und die Presse delegitimiert und diskreditiert werden“, warnte der Landespolitiker und Abgeordnete im Osteroder Stadtrat. „Die AfD ist keine bürgerliche Partei - sie stellt sich gegen unsere Demokratie.

Sie ist eine Gefahr für die innere Sicherheit, für die äußere Sicherheit und den Wohlstand in Deutschland“, warb er für die Prüfung eines AfD-Verbots. „Lassen Sie uns gemeinsam, parteiübergreifend sensibler auf Hass und Hetze reagieren. Schützen, unterstützen und helfen wir einander. Bewahren wir die Demokratie.“ Gemeinschaft und Zusammenarbeit seien im Jahr 2024 so wichtig wie lange nicht mehr, so Saade. Den Reden schloss sich ein Gedankenaustausch der Gäste an. Für die musikalische Begleitung sorgte die Gruppe Tapetenwechsel.

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