Braunschweig. Durch TV-Vorgaben mussten die Abläufe der Olympia-Qualifikation völlig umgekrempelt werden - umso wichtiger war Füllkrugs Ausgleichstor.
Bei den Olympischen Spielen in Paris wird die Leichtathletik in einigen Wochen wieder die Königsdisziplin sein, muss sich um Aufmerksamkeit und Fernsehzeiten keine Sorgen machen. Für die deutschen Meisterschaften in Braunschweig allerdings waren erhebliche Verrenkungen nötig, um die Titelkämpfe trotz Fernsehvertrags mit den öffentlich-rechtlichen Sendern ins lineare Live-TV zu bekommen. Denn der Quotenhit Fußball-EM steht dort natürlich an erster Stelle, und der Start der Tour de France am Samstag ist bei der ARD ebenfalls gesetzt.
Die Leichtathletik muss weichen, bekommt andere Übertragungszeiten diktiert. Und so haben sich die Verantwortlichen des Deutschen Leichtathletik Verbandes für ihre Olympia-Qualifikation im Braunschweiger Eintracht-Stadion einen komplett umgekrempelten Zeitplan ausgedacht, auf den sich Fans wie Athleten erstmal einstellen müssen.
Trotz allem: Vier Stunden wird bei ARD und ZDF live aus Braunschweig gesendet
„Das Fernsehen sendet nicht ganz so intensiv, aber trotzdem gut“, betont Stadionchef Stephan Lemke, dem wie Politik und Verwaltung der Löwenstadt das Braunschweiger Stadtmarketing mittels Sendezeit sehr am Herzen liegt. „Immerhin kommen wir trotzdem auf über vier Stunden Liveübertragung plus Streams von allen Wettkämpfen.“ Was für den mittlerweile vielfach erprobten Leichtathletik-Ausrichter nach zwei Corona-Meisterschaften aber das Wichtigste ist: „Es sind endlich wieder Zuschauer da!“
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Weit mehr als 10.000 Besucher werden pro Wochenend-Tag erwartet, und die müssen sich umstellen. Denn die Wettkampf-Höhepunkte werden wegen der TV-Vorgaben nicht wie gewohnt in den Abendstunden stattfinden, sondern nachmittags. Die ARD überträgt am Samstag von 14 bis kurz nach 16 Uhr, wenn bereits die 100-m-Finals anstehen, das ZDF am Sonntag von 15 bis 17 Uhr.
Braunschweig jubelt: Endlich wieder Zuschauer bei Leichtathletik-DM im Stadion
Wir haben versucht, möglichste alle Highlights in diese Zeitfenster zu packen, damit wir sie live zeigen können“, sagt Sven Schröder, Eventdirektor des DLV. Zwar werde in jedem Jahr der Zeitplan an TV-Vorgaben und Gegebenheiten der einzelnen Stadien angepasst, damit sich beispielsweise die Wege der Athleten und Sportgeräte der Wurfdisziplinen nicht kreuzen. „Aber in diesem Jahr mussten wir sehr, sehr lange tüfteln“, bekennt Schröder. Damit nachmittags im Stadion alles schön kurz getaktet über die Bühne gehen kann, werden die Siegerehrungen in vier Blöcken in die Fanzone vor der Arena ausgelagert.
Dafür starten die Meisterschaften am Samstag gleich durch, wer alles mitbekommen will, muss pünktlich sein. „Wir gehen ‚all in‘ mit drei Topevents gleich zu Beginn“, verweist der Zeitplan-Verantwortliche auf das Weitsprung- und Speerwurf-Finale sowie die 100-m-Vorläufe. Die attraktivsten Wettbewerbe mit den bekanntesten Athleten und den vermeintlich spannendsten Zwei- und Dreikämpfen um die Olympia-Tickets seien in die Live-TV-Zeiten gepackt worden.
Aufatmen bei dem DLV: Deutsche Fußballer spielen erst um 21 Uhr
Für die Mehrzahl der Athleten, die nicht an ihre Vermarktung denken können, ist allerdings etwas anderes viel wichtiger, die Unterstützung von den Rängen. Und auch da kommt wieder die Fußball-EM als bestimmendes Moment ins Spiel: „Ich war total happy über den Ausgleich von Niklas Füllkrug gegen die Schweiz“, erzählt Schröder. Denn dadurch findet das deutsche Achtelfinale am Samstag erst um 21 Uhr statt, und auch jene Leichtathletik-Fans, die die DFB-Elf sehen wollen, könnten zuvor noch die Athleten im Stadion bis zum Wettkampfende um 19.30 Uhr anfeuern.
Der Meisterschafts-Auftakt am Freitag ist ebenfalls gewissen Fernseh-Einschränkungen geschuldet. Normalerweise lagert der DLV am Vorabend der Titelkämpfe eine Disziplin in die Innenstadt des Veranstaltungsorts aus, um neue Fans zu gewinnen. Doch die Übertragungstechnik der TV-Sender ist weitgehend schon in den EM-Arenen und im Eintracht-Stadion verbaut, sodass der Sendeplatz Braunschweiger Innenstadt wegfiel.
Mitmach-Lauf: Aus der City ins Stadion, und dann die Zeit vergleichen
Die DLV-Verantwortlichen machten aus der Not eine Tugend, auch wenn sie das so nicht sagen, und feiern ihre neue Idee des City-Laufs über 5 Kilometer vom Braunschweiger Domplatz ins Stadion. „So ein Mitmachlauf hat eine andere Sichtbarkeit, man redet eher darüber als über einen 8-Meter-Weitsprung oder einen 5,80-Meter-Stabhochsprung irgendwo in der Innenstadt“, mutmaßt Schröder.
Man habe auch mal ein schönes Event für die Lauf-Community schaffen wollen, zumal in Braunschweig als Stadt mit großer Lauftradition. Wer mitmacht, dürfe nicht nur in ein großes Stadion einlaufen, sondern komme auch in den Genuss einer Finisher-Medaille und einer Chip-Zeitmessung. „Dann fühlt man die Leistung richtig, wenn man sie später im Stadion mit den Zeiten der 5.000-Meter-Asse vergleicht“, sagt Schröder, der noch auf Spontanstarter hofft und mit 600 bis 700 Teilnehmern rechnet.
5000-Meter-Läufer müssen auf große Kulisse verzichten
Für die 5000-Meter-Läufer sei es allerdings schade, dass sie nicht Samstag oder Sonntag vor vollen Rängen um die Medaillen kämpfen könnten, kritisiert Braunschweigs Laufteam-Chef Peter Heine. Schröder erwidert, dafür müssten sie genauso wie die 800- und 1500-Läufer am Samstagabend nicht in der leistungshemmenden Nachmittagshitze antreten, schließlich gehe es um Olympianormen, und resümiert: „So haben wir versucht, eine Win-win-Situation für alle zu schaffen.“
Leichtathletik-DM: Freitag ab 18 Uhr City-Run (Anmeldung noch vor Ort möglich) ins Stadion (freier Eintritt), Samstag ab 12 Uhr, Sonntag ab 10.30 Uhr. Eintracht-Stadion Braunschweig.
Tickets: leichtathletik.de oder Tageskasse
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