Osterode. Immer wieder müssen in Osterode kranke Bäume gefällt werden. Das städtische Baumpflegeteam ringt mit Pilzbefall – und den zahlreichen Tiefbauarbeiten.

  • Immer wieder mussten in der jüngeren Vergangenheit Bäume gefällt werden: zum großen Unmut der Bevölkerung.
  • Ein Team des Baubetriebshofs widmet sich der Baumpflege in Osterode. Sie kämpfen um den Erhalt der Bäume, müssen aber dennoch immer wieder aus Sicherheitsbedenken auch Bäume fällen.
  • Besonders bedrohlich für die Bäume im Stadtgebiet ist eine Krankheit, die sich in Europa immer weiter ausbreitet.

Gerade erst hat es den Spitzahorn vor dem Harzkornmagazin in Osterode am Harz getroffen, davor die prominent platzierte Linde auf dem Martin-Luther-Platz vor dem alten Rathaus. Jetzt geht es einer alten Esche am Sparkassenparkplatz an den Kragen. Städtische Baumkletterer hatten ihn in den letzten Tagen für die Fällung vorbereitet und überhängendes starkes Astwerk schonmal beseitigt. In den sozialen Netzwerken werden solche Aktionen gerne kritisch diskutiert. Doch wie ist der Blick der städtischen Baubetriebshofmitarbeiter auf derart unpopuläre Maßnahmen, die letztlich auch das Stadtbild verändern?

Dazu verabreden wir ein Treffen im Gebäude des Baubetriebshofs und sprechen mit Marcel Hartelt, seit dem 1. April 2023 Leiter der städtischen Einrichtung, mit Mitarbeiterin Britta Schindler sowie den für die Baumpflege zuständigen Fachleuten. Bei der Stadt Osterode kümmert sich ein dreiköpfiges Team um die städtische Baumpflege.

Niklas Zimmermann bereitet die Fällarbeiten vor.
Niklas Zimmermann bereitet die Fällarbeiten vor. © FMN | Michael Paetzold

Baumpflege in Osterode - Das Team erweitert

Seit dem Jahr 2008 ist André Brakebusch für Pflege und Fällung in Osterode zuständig: „Die Aufgabe habe ich zunächst allein erledigt, sie war aber angesichts des großen Bestandes nicht zu schaffen“, erzählt er. Das Team wurde um zwei weitere Mitarbeiter verstärkt. Dabei sei die Arbeit immer noch herausfordernd. „In erster Linie arbeiten wir zunächst für den Erhalt der Stadtbäume, versorgen die Pflanzen beispielsweise mit Düngersubstrat und greifen geschädigten Bäumen dort, wo es irgend geht, unter die Arme. Wir lieben Bäume und kämpfen um jedes Exemplar“, versichern er und seine Kollegen Marco Hensel und Niklas Zimmermann, denn die grüne Lunge Osterodes hat abgesehen von positiven Effekten für die Psyche viele weitere gesundheitliche Vorteile. Sie nimmt klimaschädliches Kohlenstoffdioxid auf, liefert Sauerstoff, kühlt und reinigt die Luft und spendet Schatten an heißen Tagen. Zudem ist sie Lebensraum für viele Tiere.

5.800 Exemplare im Baumkataster erfasst

Den Überblick über die städtischen Baumbestände gibt in Osterode ein sogenanntes Baumkataster, in dem möglichst alle Bäume erfasst sind. Inzwischen sind im Stadtgebiet 5.800 Exemplare aufgenommen. Erfasst sind aber noch nicht alle. Damit steht Osterode gut da, denn auf etwa vier Osteroderinnen und Osteroder kommt ein Stadtbaum und versorgt sie als grünes Kraftwerk mit Sauerstoff. Wenn ein Mensch 24 Liter Sauerstoff pro Stunde benötigt, könnte ein gestandener Baum für fünfzig Menschen Luft zum Atmen liefern.

„Wir sind eine der wenigen Kommunen, die über ein Baumkataster verfügen“, verweist der 36-jährige Baubetriebshofleiter auf diesen Vorzug, der bei der Wartung und Pflege städtischen Grüns die Arbeit unterstützt.

Erfasst werden für jeden verzeichneten und gekennzeichneten Baum unter anderem die zugehörige Anlage, der lagegenaue Standort (Koordinaten der Bäume), die Baumart, das Pflanzjahr und damit das Alter und andere Daten in Verbindung mit dem entsprechenden Foto. Dazu gibt es eine Risikoeinschätzung im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht. Denn bei einem durch einen Baum verursachten Schaden haftet der Eigentümer, in diesem Fall also die Stadt Osterode.

Rings um den Stamm ist der Boden mit Pilzen durchsetzt, der die Esche über Jahre nachhaltig geschädigt hat.
Rings um den Stamm ist der Boden mit Pilzen durchsetzt, der die Esche über Jahre nachhaltig geschädigt hat. © FMN | Michael Paetzold

Bäume in Osterode: Der Sparriger Schüppling ist der Übeltäter

Doch bei allen Bemühungen: Nicht immer ist der Arbeit der Mitarbeiter Erfolg beschieden, so wie bei der Linde vor dem Ratskeller, deren Verfall laut Stadtverwaltung schon vor Jahren begonnen hatte. Oder eben jetzt am Sparkassenparkplatz. Bei einem Vorort-Termin, als die ersten Arbeiten gerade beginnen, entfernt ein Baumpfleger die Laubschicht um den Stamm. Schon der Boden ist vom Pilz befallen, die Bohrwiderstandsmessung, bei dem die Messdaten elektronisch gespeichert und verarbeitet werden, hatte eine massive Schädigung der Esche bestätigt. Schon durch ihr lichtes Blattwerk hatte sich der Zustand abgezeichnet.

„Wir alle hier haben Bock auf Bäume“, sagt der Teamleiter, aber wenn sie gefährlich werden, habe man keine Spielräume mehr. Es sind vor allem die Altbestände, die den städtischen Baumpflegern Probleme bereiten. Was die mehr als hundert Jahre alte Eschen an der Sparkasse angeht, wurde als Übeltäter der Sparrige Schüppling ermittelt. Er gilt als klassischer Doppelgänger einiger Hallimasche (Armillaria sp.). Die Art ist in Mitteleuropa sehr häufig und besonders an Straßen-, Park- und Obstbäumen zu finden. Sparrige Schüpplinge verursachen eine Weißfäule, die für den Abbau von lebendem Holz verantwortlich ist. Die Bestände in Osterode bleiben auch vom sogenannten Eschentriebsterben nicht verschont, die Bäume werden durch den Pilz Hymenoscyphus pseudoalbidus massiv in der Entwicklung beeinträchtigt. Der Verursacher des Eschensterbens hat sich in 22. Ländern Nord-, Ost- und Mitteleuropas etabliert.

Wir alle hier haben Bock auf Bäume.
André Brakebusch - Teamleiter des Baumpflegeteams in Osterode am Harz

Gefahr für Stadtbäume durch Tiefbauarbeiten

Gefahr für Stadtbäume droht auch von zunächst vielleicht unerwarteter Seite, von Arbeiten im Tiefbau. Denn wenn gebuddelt wird, beispielsweise beim Glasfaserausbau, werden schnell auch mal die Wurzelsysteme verletzt. Die Baumpfleger kennen die Konsequenzen, wenn einen einst gesunden Baum plötzlich und unerwartet die Kräfte verlassen, weil er unter der Erde geschädigt wurden. „Wir stehen bei geplanten Maßnahmen deshalb, wenn möglich, frühzeitig in engem Kontakt mit den Tiefbaufirmen“, so der Baubetriebshofleiter. Denn die Bäume hätten sie oft nicht von selbst im Blick. Dafür müsse man sensibilisieren und es bedürfe ständiger Aufklärung.

Hartelt jedenfalls ist stolz auf sei fachkundiges Team, das den Blick zuerst immer auf die Baumpflege richtet, man verfüge damit über „Toppersonal“, stellt er fest. Es sei vor allem diese intensive Pflege, der sorgsame Blick auf den Zustand einzelner Exemplare, der sich auszahlt und Früchte trägt. Denn Fällarbeiten gingen im Vergleich zu früheren Zeiten deutlich zurück. Zu tun gibt es aber reichlich, und das ganze Jahr über, denn die Baumpflege geschieht vor allem in der Vegetationsperiode. Außerhalb werden dann Baumfällungen und Gehölzschnitte vorgenommen.

Oben in der Kronenregion der alten Esche bewegte sich am Mittwoch, 24. und Donnerstag, 25. Januar, ganz entspannt Baumpfleger Niklas Zimmermann. Höhenangst? Die kennt er nicht. Der Arm des städtischen Hubsteigers reichte nicht hinauf, und so musste der Baumexperte gut gesichert seine Arbeit kletternd verrichten und zunächst das Astwerk entfernen. Die eigentliche Fällung des Stamms ist dann für den 6. oder 7. Februar geplant. Doch wie so oft, wenn Altes weichen muss, kommt etwas Neues. Und so sind nach Fällarbeiten in aller Regel Nachpflanzungen vorgesehen, um dem städtischen Baumbestand entsprechend den Nachwuchs zu sichern und Osterodes grüne Lunge zu pflegen.

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